Welche Medikamente fehlen in deutschen Apotheken? Dieser Frage geht am heutigen Mittwoch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach. Zum 7. Jour fixe sind wieder Vertreter von Apothekern und Ärzten, den Pharmaverbänden BAH, BPI und VFA und dem Großhandelsverband Phagro geladen. Mit dabei sind außerdem das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sowie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und weitere offizielle Stellen. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem Ibuprofen und Acetylsalicylsäure zur Injektion. Für beide Präparate wurde die Versorgungssituation bei der vorherigen Sitzung im März noch als „nicht kritisch“ eingestuft.
Erster Tagesordnungspunkt in der aktuellen Bestandsaufnahme sind die als beendet gemeldeten Lieferengpässe. Auf der Liste stehen Raltegravir, enthalten in Isentress zu 100 mg als Granulat zur Herstellung einer Suspension. Für das Arzneimittel hatte der Hersteller MSD Sharp & Dohme von Januar bis Mai einen Versorgungsengpass gemeldet. Auch Ivermectin (Scabioral, Infectopharm) steht zur Diskussion: Laut BfArM ist der Lieferengpass zwar beendet. Tatsächlich fehlt es Apotheken jedoch noch immer an der Packungsgröße zu acht Tabletten. Diese wird voraussichtlich im vierten Quartal wieder lieferbar sein. Die Versorgung mit oralem Ivermectin wird mit der Packungsgröße zu vier Tabletten gesichert.
Cordichin (Chinidin/Verapamil) ist seit Mai außer Handel. Das Arzneimittel war seit 1970 auf dem Markt und soll in zwei Tagesordnungspunkten diskutiert werden: als beendet gemeldeter Lieferengpass und als rechtzeitig gemeldeter Lieferengpass. Diskussionen um ein Arzneimittel, das vom Markt verschwunden ist.
Die Teilnehmer des Jour fixe werden dann auch über relevante aktuelle Liefer- und Versorgungsengpässe sprechen. Thema sind die seit Längerem nicht lieferbaren Arzneistoffe Acetylsalicylsäure i.v. und Piperacillin sowie in Kombination mit Tazobactam. Die Wirkstoffe wurden bereits im März besprochen. Das Ergebnis: „Es liegen dem Jour fixe keine Hinweise vor, dass die Versorgungslage derzeit kritisch ist.“ Auch die Versorgungslage in Krankenhäusern mit Basisantibiotika wurde als stabil angesehen.
In die nächste Runde geht es auch für Ibuprofen. Im Frühjahr wurden laut BfArM aktuelle Pressemitteilungen zum Engpass bei den Säften zum Anlass genommen, den Sachstand zu ermitteln. Der Jour fixe bestätigte: „Im Ergebnis stehen hinreichend Alternativen zur Verfügung“. Die Engpässe wurden auf die erheblich gestiegene Nachfrage im Zuge der Grippewelle zurückgeführt. Angesichts des aktuellen Ausfalls des BASF-Werks in den USA kann es kaum zum gleichen Ergebnis kommen.
Zu den relevanten aktuellen Liefer- und Versorgungsengpässen gehören auch Nitrendipin und Valsartan, beide Wirkstoffe sind von einzelnen Herstellern seit Juni nicht lieferbar. Thema sind auch Theophyllin, Urokinase, Etoposid und Ropivacain sowie Sulfadiazin. Für Letzteres besteht eine Selbstverpflichtung zur Meldung eines Lieferengpasses. Für Ibuprofen hingegen nicht. Alpha-Methyldopa wird nicht nur als aktueller Engpass besprochen, sondern auch als Beispiel für die rechtzeitige Meldung genannt. Zu diesem Tagesordnungspunkt gehören außerdem Methotrexat und Propofol; zum Narkosemittel soll der Jour fixe die Lieferfähigkeit wieder feststellen.
Arzneistoffe werden in verschiedene Kategorien eingestuft. Zum einen in versorgungsrelevante Wirkstoffe beziehungsweise jene, die mit einem akut erhöhten Versorgungsrisiko gekennzeichnet sind. Die Liste wird beim Jour fixe angepasst. Ein Arzneistoff ist versorgungsrelevant, wenn er verschreibungspflichtig und für die Gesamtbevölkerung relevant ist – also kein Orphan drug. Die aktuelle Liste der versorgungsrelevanten Arzneistoffe beinhaltet mehrere Hundert Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen. Die zweite Gruppe sind versorgungsrelevante Wirkstoffe, die nur einen Zulassungsinhaber oder nur einen endfreigegebenen Hersteller oder nur einen Wirkstoffhersteller haben. Diese unterliegen der behördlichen Überwachung. Dies trifft für Aspirin i.v. zu.
Für Hersteller gibt es eine Selbstverpflichtung zur Meldung von Lieferengpässen. Diese gilt vor allem für Arzneistoffe, die in der Vergangenheit von einem Engpass betroffen waren – wie Ivermectin, Melphalan, Piperacillin sowie die Kombination mit Tazobactam. Die Selbstverpflichtung gilt auch, wenn es für einen Arzneistoff drei oder weniger Zulassungsinhaber oder endfreigebende Hersteller oder Wirkstoffhersteller gibt.
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