„Vertrauensverhältnis mit Patienten nachhaltig gestört"

Krebstherapie: „Standardmedikamente" fehlen

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Berlin -

Die Zahl der Arzneimittelenpässe in der Krebstherapie ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Das teilte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) heute mit.

„Die Arzneimittelengpässe bestehen bereits seit Jahren, nehmen derzeit aber sicher deutlich zu“, sagte Hermann Einsele, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO.

Die Ursachen seien vielfältig. Es gebe Probleme bei der Herstellung und durch die Abhängigkeit von Lieferketten im Ausland, aber auch einen erhöhten Bedarf. In einzelnen Fällen bestehe das Problem, dass Medikamente aus wirtschaftlichen Gründen vom Markt genommen würden.

Supportive Therapie betroffen

Betroffen sind demnach vor allem Medikamente, die seit Jahren in der Krebstherapie eingesetzt werden. Laut DGHO sind das zum Beispiel das Brustkrebs-Mittel Tamoxifen und Nab-Paclitaxel, das ebenfalls bei Brustkrebs sowie Bauchspeicheldrüsenkrebs und Lungenkrebs zur Anwendung kommen. Auch Arzneimittel für die supportive Therapie von Krebspatienten wie Antibiotika und Harnsäuresenker seien von Lieferengpässen betroffen.

Engpässe gebe es vor allem bei „Standardmedikamenten“, sagte Matthias Beckmann von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Die Alternativen seien nicht immer gleichwertig. Es könne etwa stärkere Nebenwirkungen geben. „Die Frauen brechen einfach die Therapie ab, wenn die Nebenwirkungen zu hoch sind.“ Zudem wirke sich die Situation auch auf die Beziehung zwischen Ärzten und Patienten aus. „Unser Vertrauensverhältnis mit den Patientinnen und Patienten ist nachhaltig gestört durch die Lieferengpässe.“

Innovationen abhängig von Standardmitteln

Auch die Therapie mit neu zugelassenen Arzneimitteln sei gefährdet, da die Zulassung laut Beckmann häufig an eine Kombinationstherapie mit den Standardmitteln gebunden ist. Wenn der „Partner“ nicht erhältlich sei, könne die Innovation nicht angewendet werden, so Beckmann weiter.

Im vergangenen Jahr hätten von etwa 200 in Deutschland zugelassenen Krebsmedikamenten etwa 10 „kritisch gefehlt“, sagte Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der DGHO. Die Sorge sei, dass ein nicht kompensierter Lieferengpass zu einem Versorgungsengpass werde. „Und eben dann auch, das ist für uns der Horror, dass es in der Tat zu einer Verschlechterung der Prognose kommt.“

Bereits in den vergangenen Jahren sei ein Register für Lieferengpässe aufgebaut worden. Wörmann forderte, langfristig mehr Produktionsstätten in Europa aufzubauen. Nach Ansicht von Thomas Seufferlein, Mitglied im Vorstand der Deutschen Krebsgesellschaft, muss vor allem das Monitoring ausgebaut werden. „Wir brauchen wirklich ein präventives Frühwarnsystem und entsprechende Möglichkeiten, um ein gegebenenfalls entstehendes Versorgungsdefizit rechtzeitig abzuwenden.“

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