Bestrahlung ohne Effekt

Krebsstammzellen: Woher kommt die Resistenz?

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Berlin -

Krebsstammzellen sind resistent gegen Bestrahlung und verhindern damit die effektive Behandlung vieler Krebsarten. Bislang wissen Mediziner nicht viel über diesen Zelltyp. Der Begriff „Krebsstammzelle“ gehört zu einer weit verbreiteten Theorie der Tumorentstehung. Genau definiert ist der Begriff nicht. Dennoch: Viele Krebsarten zeigen, dass am Wachstum und der Ausbreitung des Tumors nur ein Teil der Krebszellen beteiligt ist. Eine Forschungsgruppe aus Innsbruck hat sich des in der Onkologie umstrittenen Themas angenommen und zwei genetische Mechanismen identifiziert, die zur Strahlungsresistenz führen.

Ob Krebszellen in Stammzellform tatsächlich existieren oder nicht, ist bei Onkologen nicht endgültig geklärt. Tumorstammzellen gelten als zentrales Element einer Theorie zur Krebsentstehung. Diese speziellen Zelltypen verfügen über klassische Stammzelleigenschaften. Dazu gehören die Selbsterneuerung und Differenzierung. Befürworter der Theorie vermuten, dass diese Eigenschaften für das Tumorwachstum verantwortlich sein könnten. Zudem wird vermutet, dass Krebsstammzellen gegen manche Therapien resistent sind und es deshalb zu Rezidiven und Metastasen führen könnte.

Bei Patienten mit Prostatakrebs wird vermutet, dass genau diese Zelltypen zu Resistenzen bei gewissen Hormontherapien führen können. Die weiteren Therapiemöglichkeiten sind begrenzt – somit haben Patienten mit Prostatakrebs im fortgeschrittenen Stadium meist nur eine geringe Chance auf Heilung. Auch bei der Bestrahlung können nicht alle Krebszellen abgetötet werden – auch hier scheint es Resistenzen zu geben. Der Molekularbiologe Frédéric Santer von der Universitätsklinik für Urologie in Innsbruck hat nun genauer untersucht, wie es zu dieser Bestrahlungsresistenz kommt.

Im Fokus seiner Arbeit stehen die Krebsstammzellen. Stammzellen sind noch weitestgehend unspezialisiert, können also durch anschließende Differenzierung unterschiedlichste Aufgaben im Organismus übernehmen. Bezüglich ihrer Möglichkeit, sich in verschiedene Zelltypen differenzieren zu können, lassen sich Stammzellen in folgende Gruppen unterteilen: Omnipotente, pluripotente, multipotente oder oligopotente Stammzellen. Im Gegensatz dazu sind normale teilungsfähige Körperzellen unipotent – das heißt, sie können nur Zellen des gleichen Zelltyps bilden. Stammzellen für gesunde Körperzellen und Krebsstammzellen haben laut Santer viele Gemeinsamkeiten, deshalb seien sie für die Forschung so interessant.

„Krebsstammzellen sind ein großes Streitthema“, erklärt Santer. „Nach wie vor ist unklar, ob sie von normalen Stammzellen abstammen oder von differenzierten, entarteten Zellen, die sich zurückentwickeln.“ Doch in lebenden Organismen sei es kaum möglich, diese Zelltypen nachzuweisen. Die Ähnlichkeit der Eigenschaften sei aber unbestritten, betont der Forscher, insbesondere die Therapieresistenz. Diese ist innerhalb der Onkologie ein großes Problem, da überlebende Tumorzellen zu höheren Rezidivquoten und daraus resultierenden Sterblichkeitsraten führen.

Die Widerstandsfähigkeit von Stammzellen erklärt Santer wie folgt: „Gewöhnliche Zellen verfügen über Mechanismen, die Zelltod auslösen, wenn die DNA beschädigt ist. Stammzellen hingegen sollen beschädigtes Gewebe regenerieren. Es macht also Sinn, dass sie überleben, während andere Zellen sterben.“ Der genaue Mechanismus ist nicht ausreichend erforscht. „Für die Krebstherapie ist das aber enorm wichtig“, betont Santer, der diese unzureichende Forschung als Ausgangspunkt für sein Projekt nahm. „Wir wollten uns ansehen, was sich bei einer Bestrahlung auf der Ebene der Gene abspielt.“

Santers und sein Team untersuchten hierfür Gewebeproben von Patienten mit Prostatakrebs. Da die primäre Therapie für noch nicht allzu weit fortgeschrittenen Prostatakrebs eine Resektion vorsieht, standen den Forschern ausreichend Zellen zu Verfügung. „Es ist nicht ganz einfach, diese Zellen im Labor zu kultivieren“, erklärt der Biologe. „Der Prozess ist aufwändig und wir mussten viel Zeit investieren, bis wir wirklich optimale Bedingungen für das eigentliche Experiment schaffen konnten.“

Nach erfolgreicher Kultivierung wurden die Zellproben bestrahlt. „Die Bestrahlung löst DNA-Schäden aus. Sind diese Schäden zu groß, um durch Reparaturmechanismen korrigiert zu werden, stirbt die Zelle normalerweise ab“, erklärt Santer. Wie vermutet überlebten jedoch einige Zellen. Diese wurden mit dem ursprünglichen Gewebe verglichen.

Die Forscher interessierten sich für die Genexpression. Eine Analyse kann Aufschluss über den Ablauf von gewissen Zellprozessen geben. „Wir fanden heraus, dass zwei wichtige Prozesse der strahlungsresistenten Zellen geschwächt sind“, berichtet Santer. Zum einen war die Proteinproduktion, die von Interferonen reguliert wird, gestört. Bei den bestrahlten Zellen war die Proteinproduktion im Interferon-Signalweg gehemmt. Dieser Effekt konnte bereits in einer weiteren Studie an Brustkrebszellen bestätigt werden.

Auch der sogenannte Zellzyklus-Arrest war gestört. Innerhalb dieses Prozesses wird die Zellteilung verhindert, wenn die DNA beschädigt ist. „Das ist an sich eine Fehlfunktion, die der Zelle aber hilft zu überleben, weil sie sich trotz DNA-Schäden weiter ungehindert vermehren kann“, so Santer. Beide Effekte können die Entstehung von Krebs begünstigen. Das genauere Verständnis könne jedoch als Ansatzpunkt für neue Krebstherapien dienen, so Santer.

 

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