Gestern musste Bayer eine Stellungnahme des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) verdauen, nach der das Krebsmedikament Nexavar (Sorafenib) in Sachen Nebenwirkungen womöglich schlechter abschneidet als das Konkurrenzprodukt Inlyta (Axitinib) von Pfizer. Heute sind die Leverkusener wieder oben auf: Eine Phase-III-Studie hat ergeben, dass Nexavar auch bei Schilddrüsenkrebs wirkt.
Bislang ist Nexavar zur Behandlung von Leberzellkarzinom zugelassen sowie zur Therapie von fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom, wenn eine vorherige Interferon-α- oder Interleukin-2-basierte Therapie versagt hat oder nicht infrage kommt. Je zwei Filmtabletten à 200mg werden zweimal am Tag verabreicht.
In der sogenannten DECISION-Studie wurde Nexavar als Monotherapie bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem differenziertem Schilddrüsenkrebs untersucht, die auf eine Radiojod-Behandlung nicht mehr ansprachen. Der primäre Endpunkt wurde erreicht: Die progressionsfreie Überlebenszeit lag unter Nexavar statistisch signifikant höher als unter Placebo.
Die 417 Patienten hatten randomisiert entweder 400 mg orales Nexavar zweimal täglich oder Placebo erhalten, bis die Prüfmedikation wegen Fortschreiten des Tumors oder Nebenwirkungen abgesetzt werden musste. Patienten, die Placebo erhielten und deren Krankheit voranschritt, konnten in den Nexavar-Arm wechseln.
Sicherheit und Verträglichkeit entsprachen dem bekannten Profil von Nexavar. Die detaillierten Ergebnisse will Bayer auf einem der nächsten wissenschaftlichen Kongresse präsentieren.
Seit Jahren sucht Bayer nach neuen Indikationen für Nexavar: Bei Hautkrebs und nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) musste der Konzern Rückschläge hinnehmen; der Einsatz bei Brustkrebs und der adjuvante Einsatz bei Leber- und Nierenkrebs werden derzeit in Phase-III-Studien geprüft. Die Anwendung bei Schilddrüsenkrebs soll nun zügig bei EMA und FDA beantragt werden.
Schilddrüsenkrebs ist eine der wenigen Krebsarten mit einer steigenden Zahl an Neuerkrankungen in den vergangenen Jahren. Es handelt sich um die sechsthäufigste Krebsart bei Frauen, und es erkranken etwa dreimal so viele Frauen wie Männer. Jedes Jahr treten weltweit mehr als 160.000 neue Fälle auf, circa 25.000 Menschen sterben pro Jahr daran.
Papilläre und follikuläre Arten werden als „differenziert“ bezeichnet und sind die häufigsten Formen von Schilddrüsenkrebs. Während die meisten Fälle behandelbar sind, lassen sich lokal fortgeschrittene oder metastasierte differenzierte Formen, die Radiojod-refraktär sind, schwieriger therapieren. Die Patienten haben daher eine geringere Überlebensrate.
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