Zu Beginn des neuen Jahres hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Krebsmedikamente neu bewertet. Opdivo (Nivolumab, Bristol-Myers Squibb) erhielt nach einer zweiten Dossierbewertung eine bessere Einschätzung als noch im November. Der Zusatznutzen steigt demnach bei Frauen von gering auf beträchtlich, bei Männern von beträchtlich auf erheblich. Auch die Kombination Dabrafenib/Trametinib bei fortgeschrittenem Melanom mit BRAF-V600-Mutation erhielt einen Zusatznutzen. Dieser ist nach Angaben des IQWiG jedoch nicht quantifizierbar.
Opdivo ist seit 2015 zur Behandlung des schwarzen Hautkrebses zugelassen. Nivolumab ist der erste Vertreter der Klasse der PD-1-Hemmer. PD-1 wird auf Immunzellen exprimiert; bindet der Rezeptor an bestimmte Liganden auf der Tumorzelle, kommt es zur Inaktivierung. Der Tumor wird nicht angegriffen.
Bereits das ursprünglich eingereichte Dossier hatte gezeigt, dass nicht vorbehandelte Patienten mit einem Tumor ohne BRAF-V600-Mutation einen Vorteil haben. Dieser variiert mit dem Geschlecht: Männer profitieren demnach mehr von der Therapie als Frauen. Die eingereichten Daten zu Nebenwirkungen waren vom IQWiG im November allerdings als nicht abschließend interpretierbar bemängelt worden. Die nun vorgelegten neuen Auswertungen zeigten im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie mit Dacarbazin einen Vorteil von Nivolumab bei schweren und schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen. Damit steigt nach Einschätzung des IQWiG auch der Zusatznutzen.
Für Patienten mit BRAF-V600-Mutation-positivem Tumor ändert sich die Einschätzung aber auch nach neuer Datenlage nicht: Das IQWiG bleibt für diese Gruppe bei seinem ursprünglichen Votum und bescheinigt keinen Zusatznutzen.
Auch Novartis erhielt gleich zu Jahresbeginn Post: Das IQWiG hatte überprüft, ob Mekinist (Trametinib) allein oder in Kombination mit Tafinlar (Darafenib) gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Zelboraf (Vemurafenib) einen Zusatznutzen bietet. Novartis hatte die Medikamente von GlaxoSmithKline (GSK) übernommen und im September die Zulassung für die Kombination erhalten; Darafenib ist bereits seit 2013 als Einzelsubstanz auf dem Markt, Trametinib seit Mitte 2014.
Sowohl die Einzelsubstanzen als auch die Kombinationstherapie sind indiziert zur Behandlung von Erwachsenen Patienten mit fortgeschrittenem schwarzem Hautkrebs mit metastasiertem oder nicht mehr operablem Melanom mit einer BRAF-V600-Mutation. Durch die Kombination der beiden Wirkstoffe mit unterschiedlichen Wirkmechanismen soll das Risiko einer Resistenzentwicklung der Tumorzellen verringert werden.
Für die Kombination sieht das IQWiG jetzt einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen – allerdings nur für Frauen. Für Männer reichen die Daten nicht aus, um den Zusatznutzen zu quantifizieren, so die Gutachter. Als Monotherapie fiel Mekinist durch: Der Hersteller konnte lediglich einen indirekten Vergleich mit Vemurafenib vorlegen. Ein Zusatznutzen von Trametinib alleine gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie sei somit nicht belegt, heißt es.
Ebenfalls negativ beschieden wurde das Dossier für Pomalyst (Pomalidomid). Das Präparat des US-Biotechunternehmens Celgene soll bei Patienten eingesetzt werden, bei denen bereits zwei vorangegangene Therapien, etwa mit Revlimid (Lenalidomid, Celgene) und Thalidomide (Thalidomid, Celgene), erfolglos waren.
Für Pomlyst als Orphan Drug gilt der Zusatznutzen eigentlich als belegt – allerdings nur, solange der GKV-Jahresumsatz unter 50 Millionen Euro liegt. Die Umsätze liegen allerdings inzwischen über dieser Grenze – damit musste auch ein Nutzendossier eingereicht werden. Dieses entsprach aber nicht den Anforderungen des IQWiG: Entscheidende Studiendaten für eine Bewertung seien nicht eingereicht worden; demnach seien keine Anhaltspunkte für eine Zusatznutzen feststellbar, so die Prüfer.
Auch Bayer muss eine Niederlage hinnehmen. Bereits 2014 hatte Bayer ein Dossier für sein Krebsmedikament Stivarga (Regorafenib) zur frühen Nutzenbewertung vorgelegt. Das IQWiG hatte einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen gesehen. Mit neuen Studiendaten wollte der Leverkusener Konzern nun die Gutachter zu einer besseren Bewertung bewegen. Vergeblich: Auch die zusätzlichen Daten seien nicht verwertbar, da die Auswertung nicht angemessen durchgeführt worden sei. Es bleibt daher für Stivara bei einem geringen Zusatznutzen.
Stivarga ist ein oraler Multi-Kinase-Inhibitor und wird in Therapiezyklen verabreicht, bei denen sich an die dreiwöchige Behandlung eine einwöchige Pause anschließt. Die empfohlene Dosis liegt bei 160 mg, das entspricht vier Tabletten einmal täglich nach einer leichten Mahlzeit. Minimum sind 80 mg.
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