Antibiotika

Lieferengpässe: Klinikapotheker schlagen Alarm

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Berlin -

Aktuell gibt es wieder gravierende Lieferengpässe in Krankenhausapotheken. Dies betrifft insbesondere patentfreie Injektions- und Infusionslösungen und vermehrt auch bewährte und hochwirksame Antibiotika wie Ampicillin und Amoxicillin. Ärzte und Apotheker befürchten, dass Ersatzpräparate die Bildung resistenter Bakterien begünstigen.

Aktuell fehlt es Ampicillin sowie Ampicillin/Sulbactam und Amoxicillin sowie Amoxicillin/Clavulansäure. „Manche Klinikapotheken müssen vorhandene Reserven streng rationieren, während andere noch ausliefern, aber nur noch sehr kurze Zeit lieferfähig sind“, erläutert Dr. Matthias Fellhauer vom Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA).

Ampicillin komme nur bei ausgewählten Erkrankungen zum Einsatz, eigne sich aber in Kombination mit Sulbactam speziell für Haut- und Weichteilinfektionen, Wundinfektionen, bestimmte Formen der Lungenentzündung und Infektionen im Kopf- und Halsbereich. „Neben dem günstigen Wirkspektrum ist das Präparat vergleichsweise arm an Nebenwirkungen und gehört deshalb zu den häufig verordneten intravenösen Antibiotika im stationären Bereich“, erläutert Professor Dr. Gerd Fätkenheuer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI).

Die Substanzklasse der Aminopenicilline sei daher auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „dringend benötigter Wirkstoff“ in der höchsten Kategorie eingestuft worden. Bei Lieferengpässen müssten breiter wirksame Präparate eingesetzt werden. „Hierdurch wird aber die Wahrscheinlichkeit einer Resistenzbildung der Bakterien gegen sogenannte Reserveantibiotika, also solche mit breitem Spektrum, erhöht“, so Fätkenheuer.

Viele Ärzte griffen ersatzweise auf Cephalosporine zurück; gerade diese Gruppe stehe aber in dem Verdacht, die Ausbreitung von multiresistenten Bakterien und Clostridium difficile, einem gefährlichen Durchfallerreger, zu fördern. Die Eindämmung resistenter Keime durch eine rationale Antibiotikaverordnung drohe an den Lieferengpässen zu scheitern. „In der Konsequenz entstehen Nachteile für den Patienten bis hin zur Gefährdung der Patientensicherheit“, warnt Fätkenheuer. Zudem ergeben sich für das Gesundheitssystem erhebliche Folgekosten: durch die aufwändige Suche nach Ersatz sowie durch die negativen Auswirkungen auf die Behandlung.

Gemeinsam fordern DGI und ADKA deshalb, dass Ärzte und Apotheker unverzüglich über aktuelle Produktions- und Lieferschwierigkeiten informiert werden. Heute würden die Fachkreise erst informiert, wenn keine Ware mehr vorhanden sei. Bei Meldungen über Engpässe sollten auch abgestimmte Information zum weiteren Umgang gegeben werden.

Grundsätzlich brauche es eine umfassende Strategie, um die Produktions- und Lieferfähigkeit der Industrie bezüglich dringlich benötigter Arzneimittel zu verbessern, auch wenn deren Patentschutz abgelaufen sei.

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