CYP-Enzym macht Tumorzellen resistent Dr. Kerstin Neumann, 01.03.2016 11:29 Uhr
Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben herausgefunden, wie Tumoren der Bauchspeicheldrüse Resistenzen gegen die chemotherapeutische Behandlung entwickeln. Die Tumorzellen produzieren offenbar größere Mengen des Enzyms CYP3A5, welches den Abbau der Medikamente stimuliert. Blockierten die Forscher das Enzym, waren die Krebszellen wieder empfindlich gegenüber der Therapie.
Patienten mit Pankreastumoren bleiben nach der Diagnose oft nur noch wenige Monate Lebenszeit. Häufig wird die Erkrankung erst entdeckt, wenn der Tumor bereits Metastasen gebildet hat. Eine Operation ist in solchen Fällen nicht mehr möglich. Hinzu kommt, dass viele Tumoren Resistenzen gegenüber den eingesetzten Krebsmedikamenten zeigen.
Derzeit sind drei verschiedene Typen von Pankreastumoren bekannt. Je nach Subtyp variiert die Überlebenszeit der Patienten deutlich – zwischen wenigen Monaten und mehreren Jahren. Das Forscherteam um Dr. Andreas Trumpp und Dr. Martin Sprick vom DKFZ und vom Stammzell-Institut HI-STEM konnte nun erstmals zeigen, dass sich diese Arten nicht nur in ihrer Aggressivität, sondern auch in ihrem Ansprechen auf Medikamente unterscheiden. Ein Subtyp zeigt besonders häufig Resistenzen gegen gängige Krebsmedikamente wie Tyrosinkinase-Inhibitoren und Paclitaxel.
Die Forscher stellten fest, dass Zellen des resistenten Subtyps verstärkt das Enzym CYP3A5 produzieren. Das Enzym ist normalerweise in der Leber aktiv und Pharmazeuten als wichtiges Instrument für die Metabolisierung von Arzneimitteln gut bekannt. Die Pankreas-Tumorzellen machen sich die Aktivität von CYP3A5 aber ebenfalls zunutze und bauen damit die Medikamente ab, bevor sie ihre Wirkung entfalten können. Die Wissenschaftler des DKFZ versuchten daher, das Enzym in den Tumorzellen gezielt zu blockieren – mit Erfolg. Sowohl in Zellkulturen als auch in Mäusen mit Krebs konnten die Zellen wieder für die Medikamente empfindlich gemacht werden. Nun wollen die Wissenschaftler nach Substanzen suchen, die auch beim Patienten einzusetzen sind.
Die CYP3A5-vermittelte Medikamentenresistenz kann bei Krebszellen auch erst im Laufe der Behandlung auftreten; nur etwa 20 Prozent der Pankreastumoren sind durch die Produktion des Enzyms von vornherein resistent. Die sekundäre Resistenz spiele vermutlich bei wesentlich mehr Patienten eine Rolle, so die Forscher. In der Praxis sei häufig festzustellen, dass bei längerer Gabe des Zytostatikums Paclitaxel zuvor sensitive Tumorzellen plötzlich vermehrt CYP3A5 produzierten und dann nicht mehr auf die Behandlung ansprechen.
Auch in anderen Tumoren, wie zum Beispiel dem Magenkarzinom oder Leberkrebs, fanden die Wissenschaftler Hinweise auf eine CYP3A5-vermittelte Medikamentenresistenz. Möglicherweise ist dieser bislang unbekannte Mechanismus auch Ursache für das Scheitern einzelner klinischer Studien, vermuten Sprick und seine Kollegen. Dies soll nun in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, einer gemeinsamen Einrichtung des DKFZ mit dem Universitätsklinikum Heidelberg, untersucht werden.
Um herauszufinden, an welchem Tumortyp ein Patient erkrankt ist, entwickelten die Wissenschaftler außerdem Marker für die Diagnostik. Dazu untersuchten sie den molekularen Aufbau einer großen Anzahl an Tumoren der Bauchspeicheldrüse. Je nach Tumorsubtyp produzierten die Zellen spezifische Proteine, die in den anderen Typen nicht zu finden sind. Mittels einer Antikörper-Färbung können diese problemlos identifiziert und die Subtypen somit klassifiziert werden. Das könnte eine individuellere und erfolgversprechendere Behandlung der Patienten ermöglichen, so die Forscher.