Sterberisiko von Singles um 24 Prozent höher Dr. Kerstin Neumann, 19.04.2016 11:20 Uhr
Eine Ehe oder eine stabile Beziehung erhöht die Überlebenschancen von Krebspatienten. Das zeigt die Auswertung von Daten von fast 800.000 Patienten aus dem kalifornischen Krebsregister. Die größten Effekte zeigten sich dabei bei weißen US-Amerikanern: Männliche Singles hatten ein um 24 Prozent höheres, weibliche ein um 17 Prozent höheres Risiko, an den Folgen ihrer Erkrankung zu sterben.
„Es ist nicht ganz klar, warum verheiratete Menschen offenbar bessere Überlebenschancen haben“, kommentiert Alain Worsley von der britischen Organisation Cancer Research im Guardian das Studienergebnis: „Möglicherweise liegt es teilweise daran, dass sie von ihren Partnern dazu motiviert werden, frühzeitig zum Arzt zu gehen.“ Generell dürften es mehr soziale als wirtschaftliche Faktoren sein, vermuten die Forscher. So wird die Unterstützung der Ehepartner beispielsweise bei psychischen Krisen als hilfreich angesehen. Sie könnten außerdem helfen, indem sie an Medikamenteneinnahme und Arztbesuche erinnern.
Dies bestätigen Mediziner aus dem Bereich der Psychoonkologie. „Wir erleben oft, dass die Patienten bereits bei der Diagnosestellung ihren Partner oder ihre Partnerin mitbringen“, sagt Romana Renz, Psychoonkologin und klinische Psychologin an der Medizinischen Universität Wien. Dabei zähle die emotionale Unterstützung sehr viel. „Oft wird versucht, den erkrankten Partner zu motivieren, im Sinne von: ‚Wir gehen da gemeinsam durch, wir schaffen das gemeinsam.‘“
Andererseits sind es auch ganz pragmatische Gründe. „Viele stehen bei der Diagnose unter einer Art Schock und können gar nicht alles aufnehmen. Da tut es gut, wenn noch jemand mithört, um die Informationen besser zu erfassen.“ Insgesamt müsse man sie nach der Diagnosestellung mit sehr vielen Dingen auseinandersetzen. Die Lebensplanung fällt erst einmal in sich zusammen. Wieder neuen Mut zu fassen gelinge mit einem Partner sehr viel leichter.
Mit der Diagnose steht die Therapie gegen Krebs aber erst am Anfang, weiß man bei der Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie. Aus zahlreichen Untersuchungen gehe hervor, dass 35 bis 45 Prozent der Patientinnen und Patienten nicht nur am Anfang, sondern auch im Verlauf der Behandlung – aber auch in der Nachsorge – in hohem Maße gestresst sind.
Im Therapieverlauf spielt der Partner daher mindestens eine ebenso wichtige Rolle, betont Renz. Viele Patienten meiden nach der Diagnose ihr soziales Umfeld. „Der Partner kann ein Stück dabei unterstützen, dass man sich nicht zu sehr zurückzieht.“ Und letztendlich zählt, mit jemandem über seine Gefühle sprechen zu können und besonders auch positive und schöne Erlebnisse zu teilen. „Die Erkrankung wird häufig als eine Achterbahn der Gefühle beschrieben. Da ist es besonders wichtig, dass es jemanden gibt, dem man vertraut.“
Doch nicht nur die Unterstützung von Ehe- oder Lebenspartner wirkt positiv. Dafür spricht in der aktuellen Studie, dass in der spanischstämmigen Bevölkerung der Unterschied der Überlebenschancen zwischen Verheirateten und Nicht-Verheiraten geringer ist, betonen die Studienautoren. Dort ist offenbar die Unterstützung durch die Großfamilie, aber auch die Freunde deutlich größer.