Bei verschiedenen Tumortherapien kann neuen Erkenntnissen zufolge künftig auf die sehr belastende Chemotherapie verzichtet werden. „Studien weisen darauf hin, dass bei manchen Tumorarten mit einer individualisierten Therapie, also gezielten Eingriffen in den Hormonkreislauf oder die Stoffwechselprozesse der Tumorzellen, gute Ergebnisse erzielt werden können“, sagte der Direktor der Klinik für Onkologie an der Universitätsmedizin Rostock, Professor Dr. Christian Junghanß, bei einer Fachtagung in Rostock. Hintergrund sei, dass inzwischen alle Tumore molekularbiologisch charakterisiert werden und diese Daten in die Therapie und die Forschung einfließen. Dabei zeigte sich, dass bei vielen Tumoren die Signalwege der Zellsteuerung verändert sind.
Diese Fortschritte seien der personalisierten Medizin einzuordnen, von der sich Mediziner künftig noch weitere Erfolge erhoffen. „Mit der individualisierten Hormontherapie sind wir im Bereich der 'Präzisions-Onkologie'“, sagte Junghanß. Es würden nur die Zellen angegriffen, bei denen der entsprechende Signalweg gestört sei. Chemotherapie sei nun nicht mehr in jedem Fall nötig und die gefürchteten Nebenwirkungen der Chemotherapie könnten vermieden werden.
„Die Methode eröffnet neue Wege der Therapie“, bestätigte der Vorsitzende der Krebsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern, Professor Dr. Ernst Klar. Es sei ein gezielteres Vorgehen als bisher möglich. Er ging davon aus, dass in den kommenden Jahren die Therapie auf weitere Organe ausgeweitet wird.
Bei der Chemotherapie werden schnellteilende Zellen zerstört. Das hat unter anderem die bekannte Folge, dass neben den Tumorzellen auch andere schnell wachsende Zellen wie die Haarzellen zerstört werden, was letztlich zum kompletten Haarausfall führt. Bislang gingen die Mediziner davon aus, dass es ein Vorteil sei, in bestimmten Situationen beim Brustkrebs eine Anti-Hormontherapie mit einer Chemotherapie zu kombinieren. Dies scheint allerdings nicht in allen Fällen der Fall zu sein, manchmal reicht eine alleinige Anti-Hormontherapie. Mit dem gezielten Angriff auf Hormonrezeptoren an der Zelloberfläche gelinge es sehr gut, den Tumor anzugreifen. „Da werden gerade alte Erkenntnisse über Bord geworfen“, sagte Junghanß.
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