Laut einer neuen Studie kann die Anti-Baby-Pille das weibliche Gehirn neurologisch verändern. Das Kontrazeptivum enthält demnach Steroidhormone, die Struktur und Funktion des Gehirns beeinträchtigen können. Demnach werden zwei bestimmte Gehirnregionen, der seitliche orbitofrontale Kortex und der posteriore Cingulum, dünner, wenn orale Kontrazeptiva eingenommen werden. Die Forscher veröffentlichen ihre Ergebnisse im Fachjournal „Human Brain Mapping“.
Der betroffene seitliche orbitofrontale Kortex ist zuständig für die Regulierung von Emotionen – er hilft, das Verhalten als Reaktion auf Belohnungen oder Widrigkeiten anzupassen. Der ebenfalls beeinflusste posteriore cinguläre Cortex hilft, nach innen gerichtete Gedanken und Erinnerungen zu steuern und zu beurteilen.
Laut den Forschern wirken Steroidhormone, insbesondere Estradiol und Progesteron, am besten auf reproduktionsbezogene Gehirnfunktionen. Allerdings seien die Rezeptoren für diese Hormone nicht auf Hirnregionen für das Sexualverhalten beschränkt.
Die beobachteten Veränderungen könnten erklären, warum einige Frauen Angst und Depression erleben, wenn sie beginnen, die Pille zu nehmen. Unklar bleibt, ob die hormonelle Verhütung die Veränderungen in der Gehirnmorphologie tatsächlich verursacht oder lediglich indirekt damit verbunden sei.
Die Ergebnisse seien besonders interessant, weil sie früheren Studien widersprächen. 2010 etwa hätten Wissenschaftler belegt, dass Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel verwendeten, zahlreiche größere kortikale Regionen aufwiesen als Frauen, die keine Verhütungsmittel nahmen. Auch einige dieser Bereiche seien an der Regulierung von Emotionen beteiligt.
Estrogene hätten einen starken Einfluss auf das Gehirn und das Nervensystem. Daher sei anzunehmen, dass hormonelle Verhütungsmittel Nebenwirkungen auf Teile des Körpers haben könnten. Unklar sei aber bislang, ob die beobachteten Veränderungen dauerhaft seien oder verschwinden würden, sobald die hormonelle Verhütung abgesetzt werde. Zudem wisse man nicht, ob die Veränderungen auch Auswirkungen auf das Verhalten oder die Wahrnehmung hätten, dazu seien weitere Studien erforderlich.
Für die Studie untersuchten Wissenschaftler der University of California in Los Angeles (UCLA) und der Harvard Medical School 90 Frauen: 44 von ihnen erhielten orale Kontrazeptiva, die anderen nicht. Die Forscher verglichen die Rindendicke der verschiedenen Hirnregionen, die an zwei Netzwerken beteiligt sind – das Salienz-Netzwerk und das Bewusstseinsnetzwerk. Zudem wurde das Volumen der subkortikalen Regionen in diesen Netzwerken gemessen.
Im ersten Netzwerk können alle inneren und äußeren Reize wie Schmerzen oder ferner Lärm sortiert werden, um den wichtigsten zu identifizieren. Das Letztere ist am aktivsten im Ruhezustand, beispielsweise beim Tagträumen oder wenn man an die Zukunft denkt.
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