Generika

Konkurrenz für Roches Tamiflu

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Berlin -

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat einem Generikum von Roches Grippemittel Tamiflu (Oseltamivir) die Zulassung erteilt. Es ist laut FDA das erste Nachahmerpräparat. Roche verdiente in den vergangenen Jahren Milliarden mit dem antiviralen Influenza-Arzneimittel. Lange Zeit galt Tamiflu als unentbehrliches Medikament für die Weltgesundheitsorganisation WHO im Kampf gegen globale Influenza-Pandemien.

Medienberichten zufolge hat der indische Generikahersteller Natco Pharma zusammen mit dem US-Partner Alvogen die Exklusivrechte erhalten, um sechs Monate lang exklusiv Generika von Tamiflu zu vertreiben. Danach dürften auch die anderen Hersteller Nachahmerprodukte des rezeptpflichtigen Grippemittels auf den Markt bringen.

Das Arzneimittel zur Behandlung der durch Influenza-A- oder B-Viren ausgelöste Grippe wurde 1999 zugelassen. Der Wirkstoff Oseltamivir gehört zu den Neuraminidase-Hemmern. Es verhindert, dass sich das Grippe-Virus im Körper ausbreitet. Es kann zudem die Symptome einer Infektion mildern und vorbeugen. Die Viren eliminieren oder ausschalten kann es allerdings nicht. Deshalb betont Roche auch, dass Tamiflu kein Grippeimpfstoff ist.

Laut Roche wird Tamiflu in mehr als 95 Länder weltweit geliefert. Hersteller aus Indien, China und Afrika hätten Sub-Lizenzen für das Oseltamivir-Patent und so die Möglichkeit, im Falle einer Pandemie Generika herzustellen. Roche biete Ländern, die sich die Lagerung des Grippemittels nicht leisten können, niedrige Preise und Ratenzahlungen an. Nach eigenen Angaben lagert der Hersteller die Medikamente und verteilt sie, sobald die Weltgesundheitsorganisation WHO eine Grippe-Pandemie feststellt.

Erst das 2003 in Hong Kong entdeckte Vogelgrippevirus und die Empfehlung der WHO, sich mit Tamiflu einzudecken, brachte Roche Gewinn. Die Staaten investierten in die Pandemie-Vorsorge und legten Notvorräte an. Zudem sorgte die globale Ausbreitung des sogenannten Schweinegrippe-Virus (H1N1) im Jahr 2009 für einen starken Umsatz. Alleine in den USA wurden demnach 1,3 Milliarden US-Dollar ausgegeben, in Großbritannien 424 Millionen Pfund. Auch Deutschland bevorratet Tamiflu: 2014 verwies das Bundesgesundheitsministerium (BMG) darauf, dass es bislang keine überlegenen alternativen Therapien für den Fall einer schwerwiegenden Pandemie gebe.

Dabei stand Tamiflu in den vergangenen Jahren häufig in der Kritik. Nach einer groß angelegten Studie von Forschern der Cochrane Collaboration wurde der Nutzen des Grippemittels angezweifelt. Die Wissenschaftler analysierten zahlreiche medizinische Studien und stellten fest: Tamiflu kann zwar die Dauer von grippeartigen Symptomen um etwa einen halben Tag verringern. Dafür riskieren Patienten jedoch Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen.

Derzeit läuft ein Verfahren der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) gegen den schweizerischen Hersteller. Die EMA hatte Roche vorgeworfen, sich nicht an die europäischen Pharmakovigilanz-Richtlinien gehalten zu haben. Zu den betroffenen Medikamenten gehören neben Avastatin (Bevacizumab) und Herceptin (Trastuzumab) auch Tamiflu. Die EU-Kommission entscheidet über den Fall. Verliert der Hersteller, droht ihm eine hohe Geldstrafe.

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