Das Tragen von Kompressionsstrümpfen nach Operationen ist seit langer Zeit fester Bestandteil der postoperativen Thromboseprophylaxe. Neuere Studien zeigen jedoch, dass die Kompressionstherapie die Anzahl der venösen Thromboembolien nicht mehr senken kann als eine rein medikamentöse Prophylaxe.
Nach einer Operation gilt es, das Risiko von Thromben in den tiefen Beinvenen zu verhindern. Noch immer kommen dafür neben einer medikamentösen Prophylaxe auch Kompressionsstrümpfe zum Einsatz. Britische Mediziner wollten nun herausfinden, ob das zusätzliche Tragen der medizinischen Strümpfe die Entstehung noch weiter verringern kann, als die medikamentöse Therapie allein.
Eine im vergangenen Jahr durchgeführte Meta-Analyse, welche insgesamt 20 Studien umfasste, konnte zwar den Effekt der Kompressionsstrümpfe noch belegen – die eingeschlossenen Studien wurden jedoch fast alle vor 2000 durchgeführt. Der Einfluss der mittlerweile konsequent durchgeführten medikamentösen Prophylaxe könnte den Medizinern zufolge das Tragen der Strümpfe ablösen, da es ihren Beobachtungen zufolge durch eine Kombination aus beidem nicht zu besseren Ergebnissen kommt.
Die Mediziner betrachteten den Effekt der Kompressionsstümpfe daher in einer randomisierten Studie – der „GASP-Studie“ („graduated compression as an adjunct to pharmaco-thromboprophylaxis in surgery“) erneut. Insgesamt nahmen sieben Kliniken mit insgesamt knapp 1900 Patienten teil. Das Risiko, eine postoperative Thrombose zu entwickeln, wurde bei allen Patienten mithilfe eines Fragebogens ermittelt – bei 15,9 Prozent galt es als mäßig, bei 84,1 Prozent als hoch.
Die Probanden wurden vor den chirurgischen Eingriffen auf zwei Gruppen randomisiert. Beide Gruppen erhielten eine Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin, eine Gruppe sollte zusätzlich während des Klinikaufenthaltes medizinische Kompressionsstrümpfe tragen. Die Probanden der zweiten Gruppe wurden gebeten, im Krankenhaus und auch nach der Entlassung mindestens 90 Tage darauf zu verzichten.
Der primäre Endpunkt der Studie war eine venöse Thromboembolie oder Lungenembolie. 14 bis 21 Tage nach der Operation wurde gezielt mit einer Duplex-Sonografie nach Thromboembolien gesucht. Einige machten sich innerhalb von 90 Tagen nach der Operation auch durch Symptome bemerkbar, ebenso wie die Lungenembolien.
Die Forscher machten bei ihren Untersuchungen folgende Ergebnisse: In der Gruppe, die ausschließlich die medikamentöse Prophylaxe erhalten hatte, kam es bei 1,7 Prozent zu einer venösen Thromboembolie – gegenüber 1,4 Prozent derer, die zusätzlich medizinische Kompressionsstrümpfe getragen hatten. Die Risikodifferenz zwischen den Gruppen lag damit bei 0,3 Prozentpunkten und war entsprechend nicht signifikant. Dies zeige, dass eine alleinige medikamentöse Prophylaxe mit einem niedermolekularen Heparin nicht zu einem schlechteren Behandlungsergebnis führe. Eine Lungenembolie trat insgesamt nur bei drei Patienten auf – einer der Patienten hatte Kompressionsstrümpfe getragen, die anderen beiden nicht. Auch bei älteren Patienten über 65 Jahren konnten die Mediziner keine Vorteile für das Tragen von Kompressionsstrümpfen ermitteln.
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