Kommunikationsverhalten

Schrille Laute gegen Lärm

, Uhr
Berlin -

Es ist ein wenig wie in der Disco: Wenn der DJ die Musik richtig

aufdreht, wird die Stimme der Partygäste sofort lauter und höher.

Forscher sind den Gründen für dieses Phänomen jetzt bei Fledermäusen auf

die Spur gekommen.

Fledermäuse passen die Ultraschalllaute, mit denen sie sich beim Fliegen orientieren, blitzschnell den Geräuschen in ihrer Umgebung an. Wenn etwa Regentropfen auf dem Boden aufprallen, ändern die Tiere sofort den Frequenzbereich ihrer Laute, so dass sie das Echo wieder optimal aus dem Lärm heraushören können.

Doch die Mechanismen hinter diesem Effekt sind offensichtlich noch deutlich komplizierter als gedacht. Das Team um den Tübinger Neurobiologen Dr. Steffen Hage berichtet in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“), dass Fledermäuse die Lautstärke und die Tonhöhe ihrer Laute unabhängig voneinander verändern. Bislang sei man davon ausgegangen, dass beides parallel abläuft.

Womöglich seien diese Erkenntnisse nützlich, um Menschen mit Sprachstörungen zu helfen. Das Phänomen ist von Vögeln, Säugetieren und auch bei Menschen bekannt. Um sich in einer lauten Umgebung zu verständigen, reden Menschen automatisch lauter und ihre Stimme wird höher. Denn durch die höhere Stimmlage wird man vom Gesprächspartner trotz der Nebengeräusche besser wahrgenommen.

„Diesen Effekt macht man sich zum Beispiel für Hörtests bei Kleinkindern zunutze“, sagt Hage. Wenn ihre Stimme in einer lauteren Umgebung höher werde, sei das Gehör in Ordnung. Doch wie genau dieser sogenannte Lombard-Effekt ausgelöst wird, ist noch nicht geklärt.

Hage und sein Team von der Universität Tübingen setzten deshalb drei Große Hufeisennasen ganz unterschiedlichen Geräuschen aus und erfassten, wie sich die Laute der Tiere daraufhin veränderten. „Die Fledermaus ist hierfür als Modelltier besonders geeignet, da ihr Hörbereich einen großen Frequenzbereich umfasst“, sagt der Wissenschaftler.

Insgesamt untersuchten die Forscher 83.000 Ultraschalllaute. Dabei habe sich gezeigt, dass die Tiere so schnell auf veränderte Umgebungsgeräusche reagieren, dass diese Reaktion unmöglich bewusst gesteuert sein könne. Außerdem veränderten sie die Lautstärke und die Höhe der Töne unabhängig voneinander.

Offensichtlich gebe es eine direkte Verbindung zwischen den neuronalen Systemen, die für das Hören und für die Erzeugung von Stimmen zuständig sind. Zwar sei es bislang nur um Grundlagenforschung gegangen. Hage ist aber optimistisch, dass die Ergebnisse seines Teams eines Tages auch für die Medizin wichtig werden könnten. „Sprachstörungen etwa bei Parkinson oder beim Stottern sind nichts anderes als Probleme in diesem audio-vokalen Mechanismus. Deshalb ist es wichtig, diese Mechanismen gut zu verstehen“, sagt er.

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