„Wer heilt, hat recht.“ Oder? Die Lehre der Homöopathie wird häufig kontrovers diskutiert – sowohl unter Experten, als auch unter Laien. Kritiker bemängeln insbesondere das Fehlen jeglicher Wirksamkeitsnachweise. Hevert hat den Schritt gewagt und zwei Studien zu seinen Komplexmitteln Calmvalera und Sinusitis SL in Auftrag gegeben. Mit den Resultaten ist der Hersteller zufrieden – auch wenn teilweise positive wissenschaftlich relevante Ergebnisse ausgeblieben sind.
In einer randomisierten, placebo-kontrollierten Doppelblindstudie wurde die Wirksamkeit von Calmvalera an 24 weiblichen und männlichen Personen im Alter von 18 bis 40 Jahren mit nachgewiesener Prüfungsangst untersucht. Die Hälfte der Studienteilnehmer erhielt das Komplexmittel und die andere Hälfte ein Placebo, wobei in beiden Gruppen je sechs Tabletten auf einmal geschluckt wurden. Das Dosierungsschema wich damit von der Produktinformation ab, die im Akutfall die halbstündliche oder stündliche Einnahme einer Tablette empfiehlt, maximal sechsmal am Tag.
Den Probanden wurden vor und nach der Einnahme Bilder und Videoclips mit emotionalem Gehalt gezeigt. Um die Wirksamkeit des Mittels zu beurteilen, wurde die Gehirnaktivität der Patienten gemessen. Genutzt wurde dazu die innovative Methode „EnkephaloVision”, bei der das quantitative Elektroenzephalogramm (EEG) mit konventionellem Eye-Tracking kombiniert wird.
Charakteristisch für Entspannung und Stress sind im EEG bestimmte Wellen: „Alpha-1- und Alpha-2-Wellen zeigen eine Entspannung an, Beta-Wellen sind hingegen ein Indiz für Stress”, sagt Studienleiter Professor Dr. Wilfried Dimpfel. Mithilfe einer Diskriminanzanalyse konnte gezeigt werden, dass das Komplexhomöopathikum – ähnlich wie Beruhigungsmittel und eine Meditation – zu einer Zunahme der elektrischen Aktivität der Alpha-1-Wellen im Gehirn führt, die unter dem Einfluss von Serotonin stehen. Innerhalb von 90 Minuten konnte bei den Probanden ein Entspannungszustand erreicht werden.
Eine sechsdimensionale Grafik, in die 102 Parameter einflossen, soll die Wirksamkeit von Calmvalera beweisen: Zum einen gab es einen deutlichen Abstand zum „Fingerprint“ des Placebos und zum anderen eine Nähe zu zwei Arzneimitteln pflanzlicher und homöopathischer Herkunft, die bei der gleichen Indikation eingesetzt werden.
„Die klinische Wirksamkeit der Tabletten konnte ich anhand der Erhöhung der Alpha-Wellen nachweisen” sagt Dimpfel. Seiner Meinung nach spielt bei mindestens einem Bestandteil des Präparates der Neurotransmitter Serotonin eine Rolle. Die Ergebnisse sind laut Dimpfel statistisch signifikant und wurden im „Journal of Behavioural and Brain Science” veröffentlicht.
Die zweite Studie beschäftigte sich mit der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Sinusitis. Zur Analyse konnten Daten von 308 Patienten im Alter von 18 bis 75 Jahren mit einer akuten, unkomplizierten Nasennebenhöhlenentzündung vollständig ausgewertet werden. Die Studie war randomisiert, doppelblind, multizentrisch und placebo-kontrolliert und hatte ein zweistufiges statistisches Design. Die Teilnehmer erhielten in der ersten Woche sechsmal täglich zwei Tabletten und in der zweiten Woche viermal täglich zwei Tabletten.
Der primäre Endpunkt war eine Responderrate mit größer als 50 Prozent nach 14 Tagen. Dieser konnte nicht erreicht werden, denn in der Verumgruppe ermittelte man eine Rate von 85,6 Prozent im Vergleich zu 80,6 Prozent in der Placebogruppe. „Statistisch war Sinusitis Hevert SL Placebo nicht überlegen”, sagt Studienleiter Professor Dr. Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde des Immanuel Krankenhauses in Berlin. „Einen so hohen Placebo-Wert haben wir nicht erwartet.”
Obwohl das Ergebnis für den primären Endpunkt negativ und somit die Wirksamkeit des Arzneimittels nicht bewiesen ist, weist der Hersteller trotzdem auf einzelne Vorteile in den Einzelsymptomen der Sekundäranalyse hin: So habe sich eine schnelle Antwort auf Gesichtsschmerz und -druck beim Bücken gezeigt, genauso wie eine schnelle Besserung der anterioren Rhinorrhoe und eine schnelle und stabile Besserung der Hauptsymptome. Auch beim Kriterium „dickes schleimiges Nasensekret“ sei eine Besserung beobachtet worden.
„Wir sind mit den Ergebnissen sehr zufrieden“, sagte Geschäftsführer Marcus Hevert. Michalsen stellt klar, dass für weitere wissenschaftliche Aussagen eine weitere Studie nötig sei, die die sekundären Endpunkte analysiere. „Sekundäre Berechnungen sind nicht beweisend”, stellt Michalsen klar. Man habe es lediglich mit Hinweisen auf einen möglichen Nutzen zu tun.
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