Kinderrheumatologie

Rheuma trifft auch Kinder

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Berlin -

Rheuma gilt als Krankheit älterer Leute. Wenn es Kinder trifft, sind ihre Eltern geschockt und können es im ersten Moment kaum glauben. „Ihr Kind hat Rheuma.“ Jörg Pilawa weiß, was diese Diagnose mit Eltern macht: Sie sind geschockt, können es nicht glauben.

„Für uns war Rheuma eine Krankheit, die man im Alter bekommt. Aber dass Kinder Rheuma kriegen können, war mir überhaupt nicht bewusst“, sagt der Fernsehmoderator, der als Botschafter der Rheuma-Liga über Kinderrheuma aufklärt. Seine jüngste Tochter war bei der Diagnose gerade mal zwei, erzählt er.

„Sie wollte morgens einfach nicht mehr aus dem Bett. Wenn man sie rausnahm, quengelte sie, legte sich auf den Boden und sagte, ihr tue alles weh“, sagt Pilawa. Der Kinderarzt bemerkte, dass die Gelenke etwas geschwollen waren und verwies an einen Orthopäden. Erst eine dritte, auf Gelenkerkrankungen spezialisierte Ärztin stellte die richtige Diagnose. Das war keine vier Wochen nach den ersten Symptomen.

Heute weiß Pilawa, wie wichtig diese schnelle Diagnose war. Normalerweise dauert es im Schnitt zwei Monate bis Kinder nach den ersten Symptomen beim Kinderrheumatologen sind. Zu lange, wie die Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) betont.

Je früher eine Therapie startet, desto größer ist die Chance, die Krankheit zu stoppen, sagt der Vorstand der Gesellschaft Kerstin Minden. „Wenn man es in den ersten fünf Jahren nicht geschafft hat, die Krankheit zu stoppen, nimmt die Chance ab.“ Jedes zweite Kind gehe mit der Krankheit ins Erwachsenenalter.

Warum eine Therapie bei einigen Kindern erfolgreich ist und bei anderen nicht, wissen die Fachleute nicht. Mit mindestens 15.000 betroffenen Kindern in Deutschland ist die Fallzahl recht gering und die Gruppe heterogen: „Wir haben viel weniger Daten als die Erwachsenen“, stellt Minden fest.

Die jüngste Patientin von Kinderrheumatologin Sonja Mrusek ist eineinhalb Jahre alt. In dem Alter sind Kinder noch ein bisschen speckig und Entzündungen fallen deshalb nicht unbedingt direkt auf, wie sie sagt. Außerdem: Je kleiner die Kinder sind, desto weniger äußern sie ihre Beschwerden.

Es sind aber diese verdächtigen Kleinigkeiten, die Indizien sein können: „Sobald auffällt, dass sich das Kind anders bewegt und eine Schonhaltung einnimmt und die Gelenke weniger beweglich sind, kann das auf Rheuma hinweisen“, sagt die Ärztin. Oder auch, wenn sich Kinder auf die Finger stützen, um die Handgelenke zu schonen.

„Wenn ich mit den Eltern rede und die Diagnose erläutere, sage ich immer: Man kann es gut behandeln. Wir haben gute Medikamente, die werden auch gut vertragen. Man muss etwas Geduld haben und eine Langzeittherapie machen.“

Für die Eltern ist das nicht immer beruhigend: „Natürlich hoffst Du, dass es ausheilt, wenn Dein Kind in die Pubertät kommt. Aber es muss nicht sein. Es gibt andere Kinder, wo es in der Pubertät noch mal viel schlimmer wird“, sagt Pilawa. Er erzählt von dem Mädchen, dass mit sechs Jahren komplett rheumafrei war. Und dann kam noch mal ein mächtiger Schub.

„Unsere Tochter hatte noch mal einen Schub vor zwei Jahren. Ansonsten kommt sie wunderbar damit klar und ist eigentlich für sich gefühlt schmerz- und symptomfrei“, sagt der Fernsehmoderator. Neben den Medikamenten seien bei der Behandlung Physiotherapie, Ergotherapie und viel Bewegung wichtig. Um Schmerzen zu verhindern, weichen Kinder auf andere Bewegungsmuster aus. „Das wieder herauszubekommen, die Hände wieder normal zu benutzen, das ist die große Kunst“, sagt der Vater.

Wird Rheuma bei Kindern spät festgestellt, kann es zu Fehlhaltungen, Fehlstellungen, Knochenschwund und Wachstumsstörungen kommen. „Innerhalb weniger Wochen kann man einen Muskelschwund beobachten, aufgrund der Schonung der betroffenen Gelenke“, sagt die Kinderrheumatologin Minden. Bei jedem zehnten Kind entwickle sich eine Augenentzündung mit Einschränkung der Sehkraft.

Als betroffene Eltern fühle man sich zunächst allein, sagt Pilawa: „Man ist nicht allein. Es gibt überall Selbsthilfegruppen. Wichtig ist der Austausch über die Netzwerke und das Gefühl, dass man nicht allein ist - das ist das absolut Wichtigste.“

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