Nach Impfung

Kind fällt von Liege – Impfschaden?

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Berlin -

Obwohl der Nutzen von Impfstoffen das potenzielle Risiko überwiegt, kann die Immunisierung in sehr seltenen Fällen lebenslängliche Folgen für die Betroffenen haben. Immer wieder beschäftigen sich deshalb auch Gerichte mit dem Thema und entscheiden im Einzelfall, ob tatsächlich ein Impfschaden vorliegt oder nicht. Zwei aktuelle Fälle bei der vierten Kammer am Sozialgericht (SG) Koblenz zeigen, dass das entscheidende Kriterium für die Anerkennung der Schäden allein die hohe Wahrscheinlichkeit einer Kausalität ist.

Die Koblenzer Richter beschäftigten sich vor kurzem mit der Klage einer im Jahr 1997 geborene jungen Frau, die im Jahr 2009 durch ihren behandelnden Arzt mit Pandemrix (GSK) geimpft wurde. Der Impfstoff wurde damals im Rahmen einer Impfkampagne gegen Schweinegrippe (H1N1-Virus) verabreicht. Nach rund fünf Jahren wurde die damals 15-Jährige stationär aufgenommen, Ärzte diagnostizierten Narkolepsie (Schlafkrankheit) ohne Kataplexie (Tonusverlust ohne Bewusstseinstrübung). Sie beantragte kurze Zeit später die Gewährung von Versorgungsleistungen für Impfgeschädigte gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG). Sie führte vor Gericht an, dass sie fünf bis sechs Monate nach der Impfung immer wieder mit einer exzessive Tagesschläfrigkeit zu kämpfen hatte, wobei auch die schulischen Leistungen darunter gelitten hätten. Ihrer Ansicht nach ist die Krankheit eine Folge der Impfung und auch ein ärztlicher Gutachter bestätigte dies später.

Sie erklärte gegenüber den Richtern, dass es innerhalb der Inkubationszeit zu unüblichen Impfreaktionen gekommen sei. Die Klägerin legte Publikationen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) aus dem Jahr 2012 und 2014 vor, die eine Spannweite von bis zu 778 beziehungsweise 1127 Tagen des Auftretens der ersten Symptome aufzeigte. Das Auftreten der ersten Symptome nach etwa fünf bis sechs Monate liege daher im kausalen Zeitfenster, so ihre Begründung. Und auch der Sachverständige habe angegeben, dass dieser Zeitraum nicht ungewöhnlich sei. So sahen es auch die Richter, die diese und eine weitere Studien des PEI als Beweis akzeptierten. Sie erkannten deshalb die Narkolepsie als Impfschaden an und sprachen der Klägerin eine Gewährung von Versorgung nach Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Richter argumentierten damit, dass zur Anerkennung des Gesundheitsschadens im Folge der Impfung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs genüge. Die generelle Ursache der Narkolepsie sei zwar medizinisch ungeklärt, doch in solchen Fällen könne mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Impfschaden anerkannt werden. „Vorliegend kommen jedoch zu Gunsten der Klägerin die Grundsätze der Kannversorgung zur Anwendung“, so die Richter. Grund dafür sei das Vorliegen medizinisch ausreichender Erkenntnisse. Der Klägerin wurde ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 60 Prozent bescheinigt.

Unter einem Impfschaden ist gemäß IfSG die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung zu verstehen. Eine Mutter, die für ihren minderjährigen Sohn klagte, hielt die Definition auch für ihre Situation zutreffend. Dieser soll im Rahmen der Routineimpfungen als Säugling in den Jahren 2007 und 2008 gegen Masern, Mumps, Röteln, Windpocken, Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Polymyelitis, Haemophilius influenza b, Hepatitis B und gegen Meningokokken geimpft worden sein. Obwohl damals vom Kinderarzt keine Impfreaktionen dokumentiert wurden, beantragte die Mutter die Anerkennung eines Impfschadens. Sie ist der Meinung, dass die Entwicklungsstörungen und die Epilepsie, die später aufgetreten waren, auf die Impfung zurückzuführen seien.

Eine kausalen Zusammenhang konnten die Richter hier nicht erkennen. Hintergrund: Als Säugling stürzte der Junge im Rahmen einer Untersuchung beim Osteopathen von der Behandlungsliege und fiel auf den Kopf. Die Ärzte diagnostizierten damals lediglich eine Gehirnerschütterung. Nach diesem Vorfall kippte das Kind immer wieder mehrmals täglich plötzlich mit dem Kopf nach der Seite; die Augen schauten nach oben ins Leere. Mehrere Male musste der Junge stationär aufgenommen werden. Als Diagnosen nannten die Ärzte eine generalisierte idiopathische Epilepsie, eine dissoziierte Entwicklungsstörung und ein Verdacht auf fragiles X-Syndrom. In der Folgezeit fanden weitere stationäre Untersuchungen statt, die neben der Epilepsie eine globale Entwicklungsretardierung und eine Sprachentwicklungsstörung ergaben.

Die Richter führen an, dass weder in den damals zeitnah geltenden noch in den aktuellen Fachinformationen auf diese Erkrankungen als Folge der Impfung hingewiesen werde. Den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Impfung und der gesundheitlichen Schädigung des Klägers sehen sie daher nicht als gegeben. „Damit fehlt es an der erforderlichen Kausalität.“ Sie schließen auch nicht aus, dass das vorliegende Krankheitsbild bereits vor den streitgegenständlichen Impfungen bestanden hat. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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