Laut Nachrichtenmagazin „Spiegel“ wird in der Pharmabranche bei der Marktforschung getrickst. Eine Umfrage des Herstellers MSD Sharp & Dohme zum Krebsmedikament Kytruda (Pembrolizumab) soll von einem Dienstleister gefälscht worden sein. Im Visier der Autoren steht das Feldinstitut CSI International, das Anweisungen zur Manipulation der Daten gegeben haben soll.
Es ist bekannt, dass Hersteller Studien bei Ärzten durchführen, um Rückmeldungen zu ihren Produkten und Vertriebsmitarbeitern zu erhalten. Dass die Ergebnisse auf „echten“ Interviews beruhen, bezweifelt der „Spiegel“ im Fall von Keytruda, einem hochpreisigen Immun-Checkpoint-Inhibitor. Der Artikel bezieht sich auf den Auftrag von MSD der vergangenen zwei Jahre: Zum Zwecke der Marktforschung sollte das zu Kantar Health gehörende Unternehmen Infratest eine Studie für den Hersteller durchführen, die sich an Fachärzte richtete.
Rahmenbedingungen: „Das Interview soll 20 Minuten dauern, teilnehmende Ärzte bekommen eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 70 Euro, in einer Folgebefragung sind es noch 50 Euro.“ Infratest soll diesen „komplizierten“ Auftrag an CSI weitergereicht haben und dieses wiederum an ein Subunternehmen, das letztendlich die Interviews erstellte. „Dem Spiegel liegen Anweisungen, E-Mails und Fragebögen von CSI vor, die die anrüchigen Praktiken der Branche belegen“, schreiben die Autoren des Artikels. Und auch eine daran beteiligten Person wurde befragt.
CSI gebe dem Dienstleister einige wahre Interviews weiter und aus diesen enstehe dann „in recht kurzer Zeit ein Datensatz mit ähnlichen Ergebnissen“. Wenn der Hersteller nun eine weitere „Welle“ wollte, soll CSI die Anweisung gegeben haben, dass die Ergebnisse der neuen Befragung nicht so stark von der ersten Runde abweichen sollen. „Wenn in den Interviews aus Welle 1 bei der Frage D5: ‚Kommt es vor, dass der Inhalt einer Durchstechflasche auf verschiedene Patienten aufgeteilt wird?‘ ‚Nein‘ angegeben wurde, dann würde ich vorschlagen, dass wir in Welle 2 ebenfalls bei D5_1 und D5_2 ‚Nein‘ angeben.“ Spiegel: „Wie soll man das anders verstehen, als dass Interviews konstruiert werden sollten?“
Wenn es zu inhaltlichen Widersprüchen bei den Umfragen kam, sollten diese vom Subunternehmen korrigiert werden: „Mich ärgert es, dass die Ärzte und auch die Interviewer an solchen Stellen nie mitdenken. Zum Glück scheint das dem Kunden nicht aufgefallen zu sein. Kannst du das dementsprechend immer anpassen? Damit es auch logisch ist“, wird CSI zitiert.
Dem Spiegel zufolge kamen die Anweisungen von der mittleren Managementebene, „die Geschäftsführung wusste aber wohl von Tricksereien“. „Die Vorwürfe, wegen derer Sie recherchieren, sind weitreichend und betreffen möglicherweise lange Zeit zurückliegende Projekte“, wird CSI-Chef Henning Eichholz zitiert. Der Fall müsse zunächst intern recherchiert werden. Kantar Health bestätigte die Probleme mit der Datenqualität von CSI gegenüber dem Nachrichtenmagazin.
MSD wollte dies dagegen nicht bestätigen. Vereinzelte unplausible Ergebnisse würden auf statistische Ausreißer und eine geringe Stichprobengröße zurückgeführt. Mitte Januar soll der Hersteller die Marktforscher um Klärung gebeten haben. Bis dahin sei man weder auf Probleme noch auf eine Wiederholung der Befragung hingewiesen worden, zitiert der Spiegel den Konzern.
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