Euphorie gebannt: Vitamin D steht in der Kritik – Stiftung Warentest warnt vor dem Sonnenvitamin, das streng genommen gar keins ist, sondern ein Prohormon. Das Fazit der Experten ist ernüchternd.
„Die Einnahme von Vitamin D-Präparaten kann nach derzeitiger Erkenntnis weder Krebs noch Diabetes oder Herz-Kreislauf-Leiden vorbeugen“, schlussfolgert Warentest aus der aktuellen Studienlage. „Gesunden, aktiven Erwachsenen bringen Vitamin-D-Pillen nichts.“
Dabei sei die Wunderwaffe an vielen Prozessen im menschlichen Körper beteiligt. Das Immunsystem beispielsweise könne bei gutem Vitamin D-Spiegel das Risiko für Erkältungskrankheiten und Infekte senken sowie vor Allergien schützen. Vitamin D moduliere das angeborene und erworbene Immunsystem, da Immunzellen Vitamin D-Rezeptoren besitzen. Die Bildung von Interleukinen funktioniere nur mit Vitamin D. Warentest bestätigt Hinweise, „dass eine Extraportion Vitamin D möglicherweise vor Atemwegsinfektionen und Asthmaanfällen schützen könnte“ – die Wahrscheinlichkeit sei jedoch sehr gering.
Laut Warentest konnte sich die Vermutung, Vitamin D vermindere das Sturzrisiko älterer Menschen, ebenfalls nicht halten. Das Gegenteil sei sogar der Fall, denn laut einer Studie stürzen Menschen älter als 70 Jahre mit hohem Vitamin D-Spiegel häufiger als Senioren mit normalen Werten. Bislang wurden Osteoporose-Patienten über 70 Jahren mit D3 zur Sturzprophylaxe substituiert – nicht zuletzt weil das Prohormon das Zusammenspiel zwischen Muskulatur und Nerven verbessern soll und die Patienten von der höheren Muskelkraft profitieren sollen.
Unanfechtbar hingegen ist, dass D3 die Knochen in der Aufnahme von Calcium und Phosphat unterstützt und somit für gesunde starke Knochen sorgt und einer Osteoporose entgegenwirkt. Das Sonnenvitamin hemmt die Bildung des Parathormons, das den Knochenabbau fördert. Eine hohe Knochendichte kann das Frakturrisiko senken.
„Etwa 10 bis 20 Prozent unseres Vitamin D-Bedarfs lässt sich über die Nahrung decken“, schreibt Warentest. Enthalten ist D3 beispielsweise in Eigelb, Margarine und fettem Seefisch. Den Großteil bildet der Körper durch die UVB-Strahlung selbst – vorausgesetzt es wird kein Lichtschutzfaktor benutzt. Schon ab Verwendung eines Sonnenschutzmittels mit dem Faktor 8 sinkt die Produktion signifikant. Auch Kleidung kann die Produktion unterbinden. Bei richtigem Winkel sollte man zwei- bis dreimal pro Woche Gesicht, Hände und Arme nackt und ohne Sonnencreme in die Sonne legen, um optimal versorgt zu sein. Dies erhöhe laut Warentest jedoch das Hautkrebsrisiko.
Auch Warentest stellt fest: Die „Mehrheit leidet keinen Mangel“, eine Substitution ist daher nicht nötig und sollte mit dem Hausarzt vorab besprochen werden. Ein Zuviel an D3 könne gar schädlich sein und das Risiko für Harnleiter- und Nierensteine steigen, auch Herzrhythmusstörungen seien möglich. „Wer große Mengen Vitamin D von mehr als 100 µg beziehungsweise 4000 I.E. täglich schluckt, riskiert Vergiftungserscheinungen bis hin zu Nierenversagen.“
Ob ein Mangel vorliegt, kann der Arzt anhand der Blutwerte ermitteln. Das Optimum liegt bei 50 nmol/l, diesen Wert erreichen nur etwa 38 Prozent der Deutschen. Wer meint, die anderen mehr als 60 Prozent leiden an einem schweren Mangel, liegt falsch. Lediglich etwa 2 Prozent der Erwachsenen und 4 Prozent der Kinder im Alter von 3 bis 17 Jahren in Deutschland haben einen Vitamin D-Spiegel von weniger als 12,5 nmol/l.
Eine Substitution sei daher nicht für jeden sinnvoll und notwendig. Babys erhalten im Rahmen der kinderärztlichen Versorgung Vitamin D zur Rachitisprophylaxe. Eine Substitution wird sonst lediglich für chronisch kranke, mobilitätseingeschränkte und pflegebedürftige Menschen sowie Personen mit dunkler Hautfarbe empfohlen
Vor Kurzem hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) neue Empfehlungen zu Höchstengen in Nahrungsergänzungsmitteln bekanntgegeben. Für das Sonnenvitamin wurde der Höchstmengenvorschlag von bisher 5 µg auf 20 µg erhöht.
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