Kava-Kava: Eine Runde vor dem Comeback APOTHEKE ADHOC, 25.02.2015 15:24 Uhr
Im Streit um die Verkehrsfähigkeit von Arzneimitteln mit Kava-Kava hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) das Urteil der Vorinstanz bestätigt: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) habe die Zulassungen zu Unrecht widerrufen. Bevor es ein Comeback der Wurzeldroge geben kann, muss sich womöglich noch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit dem Fall beschäftigen.
In acht Verfahren für insgesamt 15 Arzneimittel hat das OVG heute die Berufung der Bundesrepublik zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Zulassung seien nicht erfüllt, so die Richter: Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sei nicht ungünstig, wenn bestimmte Änderungen in den Zulassungen vorgenommen würden, um die Risiken bestmöglich einzudämmen.
Die Arzneimittel hätten eine therapeutische Wirksamkeit. Für deren Nutzen spreche auch, dass es sich bei Angststörungen um eine ernsthafte, weitverbreitete und behandlungsbedürftige psychische Erkrankung handele. Zwar bestünden Anwendungsrisiken in Form hepatotoxischer Ereignisse. Die Zahl gemeldeter Fälle sei aber im Verhältnis zum Anwendungsvolumen der Arzneimittel gering und das Ursache-Wirkungs-Verhältnis vielfach fraglich.
Entscheidend sei, dass die lebertoxischen Risiken bei Beachtung bestimmter Maßnahmen auf ein vertretbares Maß reduziert werden könnten, so die Richter. Hierzu zählten die seit 2002 bestehende Verschreibungspflicht, die Begrenzung der maximalen Tagesdosis und der Anwendungsdauer, die regelmäßige Bestimmung der Leberwerte und die Vermeidung von Alkohol sowie einer begleitenden Medikation insbesondere mit Betablockern, Antidepressiva und Migränemitteln.
Soweit diese Maßnahmen dem nicht genügten, komme kein Widerruf in Betracht, sondern müsse die Zulassung angepasst werden, so die Richter. Der 13. Senat des OVG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BVerwG zugelassen.
Das BfArM bedauerte die Entscheidung unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes: „Wenn dieses Urteil rechtskräftig wird, kann Kava-Kava trotz lebertoxischer Risiken wieder zunächst ohne weitere Einschränkungen in den Verkehr gebracht werden. Wir werden deshalb schnell über die unserer Ansicht nach erforderlichen Maßnahmen zur Sicherheit der Patientinnen und Patienten entscheiden und auch die Erfolgsaussichten einer Revision prüfen, sobald uns die Urteilsbegründung vorliegt.“
Aufgrund von Verdachtsfällen in der Schweiz hatte das BfArM ein Stufenplanverfahren eingeleitet und 2002 ein Ruhen der Zulassung angeordnet. Nachdem sich Behörde und Hersteller nicht darauf einigen konnten, welche Studien vorgelegt werden müssen, wurde die Zulassung im Dezember 2007 widerrufen. Ausgenommen waren homöopathische Zubereitungen mit einer Endkonzentration ab D5 und Arzneimittel, die nach der spagyrischen Verfahrenstechnik nach Zimpel hergestellt werden.
Gegen den Widerruf wehrten sich sechs Hersteller juristisch: AME Arzneimittel-Entwicklungsgesellschaft (Kava-Regulanz-Tropfen), Ardeypharm (Ardeydystin forte), Harras Pharma (Kavasedon), Krewel Meuselbach (Antares, Kava-Mara, Kava Mono, Semaren und Wati), MIT Gesundheit (Ka-Sabona) und Steigerwald (Fri Kapseln). Andere Hersteller hatten ihre Zulassung schon vor Prozessbeginn zurückgegeben – und müssten sie neu beantragen. Schwabe (Laitan) und Queisser (Jakava) schließen eine Neuauflage beispielsweise derzeit aus. Andere Hersteller, darunter Müller Göppingen (Kavosporal) und Bionorica (Kavatino), prüfen die Lage.
Um die Jahrtausendwende wurden mit Kava-Präparaten rund 35 Millionen D-Mark im Jahr umgesetzt. Marktführer war Krewel Meuselbach, gefolgt von Müller Göppingen und Schwabe. Die übrigen Hersteller setzten mit ihren Präparaten rund 1 Million D-Mark um.