Zahngesundheit

Kaugummi als Entzündungsdetektor

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Berlin -

Wissenschaftler der Julius-Maximilians-Universität (JMU) haben in internationaler Zusammenarbeit mit weiteren Kollegen einen Kaugummi-Schnelltest entwickelt, der Entzündungen in der Mundhöhle erkennt. Somit könnten Komplikation nach einer Zahnimplantation frühzeitig erkannt werden.

In Deutschland werden nach Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI) jährlich etwa eine Million Implantate eingesetzt. Doch neben einem Nutzen können die verwendeten Teile auch Folgen haben: Bei 6 bis 15 Prozent der Patienten entsteht in den Jahren nach dem Setzen des Implantats eine Periimplantitis. Man geht davon aus, dass diese Entzündung hauptsächlich von gram-negativen Bakterien ausgelöst wird. Im Extremfall führt sie zu einer Zerstörung des weichen Gewebes und zu einem Osteolyse.

Wie das Fachjournal „Nature Communications“ berichtet, haben die Würzburger Forscher in Zusammenarbeit mit deutschen, schweizerischen, tschechischen und italienischen Kollegen ein Kaugummi entwickelt, dass die Entzündung im Mund frühzeitig erkennt. Dazu wurde das Kaugummi mit Peptidsensoren ausgestattet, die aus einem Protease-Linker bestehen und zwischen dem Bitterstoff Denatonium und einem Mikropartikel platziert sind.

Denatonium ist eine quartäre Ammoniumverbindung, die sich strukturell vom Lidocain ableitet und sehr bitter schmeckt. Die menschliche Zunge kann den Stoff bis zu einer Konzentration von 10nM erkennen. Eingesetzt wird die Substanz unter anderem auch als Bitterstoff in Seifen und Shampoos, sowie zur Vergällung von Ethanol. Außerdem wird sie auch in klinischen Studien Placebos beigesetzt.

Im Falle einer Entzündung im Mund werden spezifische Proteasen aktiv, die innerhalb von fünf Minuten die Peptide im Kaugummi aufspalten. Folglich wird enzymatisch die bittere Substanz freigesetzt, die zu Beginn des Kauvorgangs nicht zu schmecken war. Danach soll der Patient seinen Zahnarzt aufsuchen, um die Diagnose bestätigen und die Entzündung therapieren zu lassen. Ziel dieser Früherkennung sei die schwerwiegende Folgen einer Periimplantitis wie Knochenabbau zu verhindern.

An der Zahnklinik Merli in Rimini konnte anhand von Studien mit Speichel von Patienten die Wirksamkeit des Kaugummis gezeigt werden. „Jeder kann dieses neue diagnostische System überall und jederzeit und ohne technisches Equipment einsetzen“, sagt Professor Dr. Lorenz Meinel, Inhaber des Lehrstuhls für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der Universität Würzburg. Um das entwickelte Kaugummi marktreif zu machen, sei die Gründung einer Firma geplant.

Kaugummi-Schnelltests für weitere medizinische Anwendungen seien zudem derzeit in der Entwicklungphase. „Wir hoffen, dass sich damit auch andere Krankheiten adressieren und frühestmöglich behandeln lassen“, erklärt Meinel. Bisher sind Kaugummis mit Nikotin auf dem Markt, die im Rahmen einer Raucherentwöhnungstherapie eingesetzt werden. Außerdem ist Superpep (Dimendyrinat, Hermes) ein zugelassenes Arzneimittel in dieser Darreichungsform bei Reiseübelkeit.

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