Der Wirkstoff Ivermectin wird bereits seit längerem zur Behandlung und Prophylaxe von Covid-19 erforscht. Die Datenlage ist bislang allerdings nicht eindeutig: Einige Studien lieferten bereits vielversprechende Hinweise, eine Studie aus Lateinamerika konnte kürzlich jedoch keinen eindeutigen Nutzen ermitteln.
In-vitro-Studien hatten zunächst dazu geführt, dass Ivermectin als potenzieller Wirkstoff gegen Covid-19 in den Fokus rückte: In Zellkulturen konnte die Substanz die Replikation von Sars-CoV-2 um den Faktor 5000 senken. Allerdings wurde eine extrem hohe Konzentration verwendet, die mit einer normalen Dosierung nicht zu erreichen ist. Verschiedene Studien haben sich mittlerweile mit dem Einsatz am Menschen befasst und versucht, Hinweise auf die Wirksamkeit zu ermitteln.
In Lateinamerika konnte das Antiparasitikum nun nicht überzeugen: Die im Fachjournal „JAMA“ publizierten Ergebnisse können keine eindeutigen Hinweise liefern. Mediziner:innen des Centro de Estudios en Infectogía Pediatrica in Cali hatten 300 Menschen mit einem durchschnittlichen Alter von 37 Jahren auf Ivermectin oder Placebo randomisiert. Die jeweilige Behandlung wurde fünf Tage durchgeführt.
Als primärer Endpunkt galt die Dauer der Symptome: Durch die Einnahme von Ivermectin konnte zwar eine Verkürzung von zwölf auf zehn Tage beobachtet werden, die Spanne von zwei Tagen war jedoch nicht signifikant. Nach 21 Tagen hatten sich 82 Prozent der Ivermectin-Gruppe erholt, in der Placebo-Gruppe waren es 79 Prozent. Auch hier war die umgerechnete Differenz von etwas mehr als drei Tagen nicht signifikant.
Da die Teilnehmer der Studie insgesamt eher jünger waren, wurden keine schweren Verläufe befürchtet – nur 14 Probanden mussten stationär aufgenommen und behandelt werden. Bei vier der Betroffenen kam die Verschlechterung unmittelbar nach Studienbeginn zustande, sodass die potenzielle Wirkung der Behandlung nicht eintreten konnte. Die anderen Hospitalisierungen entfielen sowohl auf die Verum- (4 Personen) wie auch auf die Placebogruppe (6 Personen).
In Bezug auf die sekundären Endpunkte zeigten sich zwar auch tendenzielle Vorteile – beispielsweise in Bezug auf die Dauer des Fiebers und die Behandlungszeit im Krankenhaus – allerdings konnten auch hier keine signifikanten Unterschiede herausgestellt werden. Der Nutzen kann von den Forscher:innen daher nicht eindeutig ermittelt werden.
Derzeit laufen weltweit rund 60 Humanstudien zu Ivermectin: Dabei wird die Substanz sowohl in der Therapie wie auch in einer möglichen Prophylaxe erforscht. Eine großangelegte Metaanalyse der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wertete zu Beginn des Jahres insgesamt 18 randomisierte und kontrollierte Studien zu Ivermectin und Covid-19 aus: Dabei konnte festgestellt werden, dass die Entzündungswerte unter der Therapie gesenkt werden konnten und eine signifikante Reduktion der Dauer möglicher Krankenhausaufenthalte erfolgte. In sechs Studien konnte eine Reduktion der Sterbewahrscheinlichkeit um 75 Prozent dargelegt werden. Manche arbeiten sind bislang nicht unabhängig begutachtet worden, auch die konkreten Dosierungen schwanken von Studie zu Studie und sind daher noch unklar.
In den USA ist der Wirkstoff seit Mitte Januar bereits als Therapieoption gelistet. Allerdings verweist die Leitlinie auf die noch recht dünne Studienlage. Eine klare Empfehlung gibt es daher nicht. Südamerika und Teile von Afrika erlauben die Anwendung bereits. Hierzulande ist der Wirkstoff zwar ebenfalls als potenziell wirksame Substanz gelistet, der Einsatz wird jedoch nur im Rahmen klinischer Studien empfohlen, bis weitere Daten vorliegen.
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