Insulinresistenz fördert Gedächtnisverlust Nadine Tröbitscher, 05.05.2017 14:48 Uhr
Demenz und Gedächtnisverlust können laut im Journal of Alzheimer's Disease veröffentlichten Studienergebnissen durch eine Insulinresistenz verursacht werden – auch wenn die Patienten nicht an Diabetes erkrankt sind.
Forscher der Universität Tel Aviv untersuchten die Rolle der Insulinresistenz bei der Pathogenese der kognitiven Leistung an Personen mit Herzkreislauferkrankungen mit und ohne Diabetes. Etwa 489 Patienten, vorwiegende Männer, beendeten die Studie, die über zwei Jahrzehnte andauerte. Ob sich das Ergebnis auf Frauen übertragen lässt, sei noch unklar.
Zum Start im Zeitraum von 1990 bis 1997 hatten die Patienten ein Durchschnittsalter von 58 Jahren und litten an koronarer Herzkrankheit. Im Zeitraum von 2004 bis 2008 wurden erneut die kognitive Fähigkeit, räumliches Vorstellungsvermögen oder Aufmerksamkeit computergestützt bestimmt und die Arteriosklerose-Parameter gemessen. Eine weitere kognitive Bewertung der mittlerweile etwa 77-jährigen Probanden fand zwischen 2011 und 2013 statt. Zu jedem Zeitpunkt wurde ebenfalls die Insulinresistenz bestimmt.
„Es gibt viele Beweise dafür, dass Insulin mehrere Funktionen im Gehirn ausübt und somit eine schlechte Regulierung von Insulin zu einem beschleunigten kognitiven Rückgang und potenziell zur Alzheimer-Krankheit beitragen kann“, sagt der Senior-Autor Professor David Tanne von der Universität Tel Aviv. „Es betrifft nicht nur Patienten mit Typ 2 Diabetes“, sagte Tanne per E-Mail. „Auch Menschen mit leichter oder moderater Insulinresistenz, die keinen Typ-2-Diabetes haben, entwickeln im Laufe der Zeit ein erhöhtes Risiko.“
Die Forscher konnten einen Rückgang der kognitiven Fähigkeiten mit einer erhöhten Insulinresistenz in Verbindung bringen. Die Wissenschaftler vermuten, dass sowohl die durch die Insulinresistenz erhöhten Blutzuckerspiegel als auch die hohen Blutinsulinspiegel einen negativen Einfluss auf die Gefäße im Gehirn haben. „Insulin ist daran beteiligt, Gehirnzellen zu helfen, Verbindungen zu knüpfen und spielt somit eine direkte Rolle bei der Unterstützung von Erinnerungen“, so ein Wissenschaftler, der nicht in die Studie involviert war, gegenüber Reuters. „Einige Studien deuten darauf hin, dass ungewöhnlich hohe Mengen an Blutinsulin tatsächlich dazu führen können, dass es weniger Insulin im Gehirn gibt, da aufgrund von Veränderungen weniger Insulin in das Gehirn transportiert wird."
Die Insulinresistenz kann Ursache für die Entstehung von Diabetes Typ 2 sein, denn sie ist durch einen erhöhten Insulinbedarf und die verminderte Fähigkeit der Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse gekennzeichnet. Das Muskel-, Fett- und Lebergewebe verliert seine Empfindlichkeit gegenüber Insulin, somit kann das Hormon in den Körperzellen nicht wirken, der Blutzucker sinkt nicht. Die Bauchspeicheldrüse produziert im Umkehrschluss immer mehr Insulin, bis sie schließlich versagt – ein Teufelskreis.
Im Falle einer Insulinresistenz erkennen die Zellen das Hormon nicht und können keine Glukose aufnehmen. Bei gesunden Menschen wird Insulin über ein Erkennungsprotein – einen Rezeptor an der Zelloberfläche, aus dem Blutkreislauf gebunden. Erst dann kann Glukose über den dazugehörigen Transporter in die Zelle gelangen. Der Blutzuckerspiegel steigt und ein Diabetes Typ 2 kann sich entwickeln. Ursache einer Insulinresistenz können erbliche Veranlagung, Übergewicht, Lebensgewohnheiten oder mangelnde Bewegung sein. Wer sich zu wenig bewegt, nimmt meist zu und durch die geringere Muskelarbeit kann die Insulinwirkung auf die Muskelzelle abschwächen.