Antikörper-Wirkstoff-Konjugat gegen Leukämie Nadine Tröbitscher, 03.08.2017 14:49 Uhr
Die aggressive Blutkrebsform akute lymphatische Leukämie (ALL) kann unbehandelt innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen. Pfizer hat für das Antikörper-Arzneistoff-Konjugat Inotuzumab Ozogamicin die Zulassung für die Behandlung von erwachsenen Patienten erhalten.
Besponsa (Inotuzumab Ozogamicin, Pfizer) ist für die Monotherapie von Erwachsenen mit rezidivierter oder refraktärer CD22-positiver B-Vorläufer akuter lymphatischer Leukämie (ALL) zugelassen. Patienten mit Philadelphia-Chromosom-positiver rezidivierender oder refraktärer B-Vorläuferzell-ALL sollten mindestens einen Tyrosinkinasehemmer zuvor erhalten haben. Laut Pfizer wird das Arzneimittel „zum ersten und einzigen Antikörper-Arzneimittel-Konjugat (ADC) für Patienten mit dieser Form von Leukämie in der Europäischen Union“.
Das Arzneimittel ist als Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung auf dem Markt und wird in drei bis vier Wochenzyklen verabreicht. Der erste Zyklus startet mit einer empfohlenen Gesamtdosis von 1,8 mg/m² in drei aufgeteilte Dosen an den Tagen 1, 8 und 15. Der erste Zyklus beträgt drei Wochen und kann auf vier Wochen ausgeweitet werden. Die folgenden Zyklen werden in Abhängigkeit vom Ansprechen auf die Behandlung dosiert.
Das ADC besteht aus dem einem monoklonalen Antikörper, der gegen das Glykoprotein CD22 auf der Oberfläche von Krebszellen gerichtet und kovalent an N-Acetyl-Gamma-Calicheamicin-Dimethylhydrazid gebunden ist. Inotuzumab erkennt als humanisierter Immunglobulin-Antikörper humanes CD22. Besponsa besitzt zytotoxische Eigenschaften. Das ADC bindet an CD22 exprimierende Tumorzellen und gelangt in ihr Inneres. Dort wird das Zytostatikum Calicheamicin freigesetzt und führt durch DNA-Doppelstrangbrüche schließlich zur Apoptose.
Während der Behandlung können Nebenwirkungen wie Blutbildveränderungen, Infektionen, Fieber, Übelkeit, Bauch- oder Kopfschmerzen auftreten. Die Zulassung beruht auf den Ergebnissen der Phase 3 Studie INO-VATE ALL. Die Ergebnisse wurden im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Insgesamt nahmen 326 Probanden mit rezidivierender oder refraktärer B-Zell-Vorläufer ALL an der Studie teil. Behandelt wurde mit dem ADC oder mit der Standard-Chemotherapie. Die primären Endpunkte waren das vollständige Ansprechen mit oder ohne hämatologische Genesung und das Gesamtüberleben.
Das vollständige Ansprechen liegt mit etwa 81 Prozent für Besponsa signifikant über der Standardtherapie, diese erreichte für den ersten primären Endpunkt ein Ergebnis von etwa 30 Prozent. Eine Durchstechflasche des Kühlketten-pflichtigen Arzneimittels kostet 16.531,96 Euro.
Die ALL ist eine maligne Erkrankung des blutbildenden Systems, bei der die Vorläuferzellen der Lmphozyten – die weißen Blutkörperchen bösartig entartet sind und sich unkontrolliert und ungebremst vermehren. Diese Zellen sind jedoch nicht funktionstüchtig, verteilen sich im Körper und stören im Knochenmark die Bildung gesunder Blutkörperchen. Die ALL ist keine Erbkrankheit, die Ursache liegt in bösartigen Veränderungen des Knochenmarks und ist eine der häufigsten Krebsarten bei Kindern. Erwachsene sind nur selten betroffen.