Infektionskrankheiten

Stuhlspende für Darmgesundheit Eva-Maria Lippke, 15.01.2016 14:35 Uhr

Berlin - 

Eine neue Behandlungsmethode für die Clostridium-difficile-assoziierte-Diarrhö (CDAD) findet Einzug in deutsche Krankenhäuser. Bei dem fäkalen Mikrobiomtransfer (FMT) wird betroffenen Patienten gesunder Stuhlgang fremder Spender appliziert. Metaanalysen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) haben gezeigt, dass die Methode eine Wirksamkeit von bis zu 93 Prozent erreicht. 

Clostridium difficile ist ein grampositives, obligat anaerob wachsendes Stäbchenbakterium. Es ist ubiquitär in der Umwelt angesiedelt und kann durch die Bildung von Sporen lange überdauern und sich schnell verbreiten. Das Bakterium ist mit bis zu 5 Prozent Bestandteil des menschlichen Mikrobioms, also der Gesamtheit aller protektiven Mikrobioorganismen im menschlichen Organismus. Anzahl und Diversität der Bakterien im Mikrobiom sind individuell spezifisch und üben einen Einfluss auf die Gesundheit des Menschen aus.

Wird die Darmflora geschädigt, zum Beispiel durch Breitbandantibiotika oder Infektionen, kann der Anteil an Clostridien im Mikrobiom pathologisch ansteigen. Besonders wiederkehrende Infektionen mit Clostridium difficile sind laut Robert-Koch-Institut (RKI) ein zunehmendes Problem in Deutschland. Die daraus resultierenden Diarrhöen können lebensgefährlich sein. Erkrankte Patienten müssen stationär behandelt werden. Orale Standardtherapien sind derzeit leitliniengerecht Metronidazol, Vancomycin oder Fidaxomycin. Bei Therapieversagen kann FMT indiziert sein.

Das Prinzip ist pragmatisch: Eine gestörte Darmflora wird mit gesunden Keimen besiedelt, die entweder lokal rektal oder über eine nasale Sonde appliziert werden. Das Bakteriengemisch wird nicht in der Petrischale gezüchtet, sondern kommt von gesunden Spendern. Neue internationale Studien haben gezeigt, dass die Gabe einer gefrorenen Stuhlkapsel erfolgsversprechend ist. FMT birgt weniger Nebenwirkungen als systemische Therapien mit Antibiotika.

Stuhlspender müssen gewisse Charakteristika erfüllen. Die Grundvoraussetzungen sind dieselben wie bei der Blutspende; also der Ausschluss von HIV, Hepatitis B/C und keine Infektion mit pathogenen Keimen. Ausschlusskriterien sind außerdem Adipositas, chronische maligne Darmerkrankungen und atopische Erkrankungen. Spender sollten für die letzten drei Monate keine Antibiotika eingenommen haben. Der Empfänger muss auch auf die Behandlung vorbereitet werden: Einen Tag vor der Therapie findet eine Darmreinigung statt.

In einer niederländischen Studie aus dem Jahr 2013 konnte die Überlegenheit der Methode gezeigt werden: Mit dem Antibiotikum wurden nur vier von 13 Patienten Patienten mit Clostridium-Infektion gesund; nach der Stuhlübertragung waren 13 von 16 Probanden geheilt. Kurzfristige Beschwerden wie Bauchkrämpfe oder Aufstoßen verschwanden nach wenigen Stunden, berichteten die Forscher im „New England Journal of Medicine“.

Andere Studien zeigten, dass die Menge ausschlaggebend ist: Weniger als 50 Gramm Stuhlspende reichen für einen Therapieerfolg nicht aus und erhöhen die Rückfallquote der Infektion. Der Spenderfäces muss innerhalb von acht Stunden nach Ausscheidung verwendet werden, ist aber gefroren bis zu acht Wochen haltbar.

Spenderproben können laut Arzneimittelgesetz (AMG) vor der Applikation aufbereitet werden; dies geschieht derzeit durch den behandelnden Arzt. Steigen die Patientenzahlen, könnte die Verantwortlichkeit irgendwann auch auf Apotheker übertragen werden.