Infektionskrankheiten

Generika kapern Malariamarkt

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Berlin -

Wenn einer eine Reise tut – sollte er sich vorbereiten. Bevor es in tropische Länder geht, ist oft der Weg zum Arzt und in die Apotheke angesagt. Neben der Reiseapotheke stehen Impfungen und Chemoprophylaxe im Vordergrund. Unter den Malariamitteln gilt die Kombination Atovaquon/Proguanil als Standard. Hier hat sich der Generikahersteller Glenmark ein großes Stück vom Kuchen abgeschnitten.

Neben Kindern und Schwangeren zählen Urlauber ohne entsprechende Immunität zu den Hauptrisikogruppen für Malaria. Weil nach wie vor ein geeigneter Impfstoff fehlt, sind derzeit Expositions- und Chemoprophylaxe der einzige Schutz. Um die Anopheles-Mücke als Überträger vom Körper fernzuhalten, sollte helle, dicht gewebte und körperbedeckende Kleidung getragen werden; außerdem wird das Schlafen unter Moskitonetzen empfohlen. Repellentien sollten mindestens 30 Prozent Diethyltoluamid (DEET) enthalten.

Je nach Risikogebiet wird die Chemoprophylaxe oder zumindest die überbrückende Notfalltherapie mit Malariamitteln empfohlen. Vorbeugend sieht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Doxycyclin als Mittel der ersten Wahl. Pro Tag müssen 100 mg eingenommen werden, beginnend einen Tag vor Betreten des Malariagebiets. In Deutschland ist das Antibiotikum in dieser Indikation allerdings nicht zugelassen – und entsprechend von untergeordneter Bedeutung.

Durchgesetzt hat sich in der Prophylaxe stattdessen die Kombination aus 250 mg Atovaquon und 100 mg Proguanil. Weil die entsprechenden Präparate erst einen Tag vor der Reise einzunehmen sind, eignen sie sich auch für Last-Minute-Reisen und Kurzzeitaufenthalte in Malariagebieten. Nach dem Ende der Reise muss die Prophylaxe nur sieben Tage fortgeführt werden; bei allen anderen Alternativen sind es vier Wochen. Zudem gibt es kostengünstige Generika auf dem Markt.

Resochin (Chloroquin, Bayer) wird wegen der schlechten Wirksamkeit kaum noch zur Chemoprophylaxe empfohlen. Das Monopräparat muss bereits eine Woche vor Beginn der Reise in einer Dosierung von zweimal 155 mg Base täglich eingenommen werden. In Kombination mit Proguanil reicht die Einnahme von 200 mg pro Tag; die Prophylaxe braucht 24 Stunden Vorlauf.

Auch Lariam (Mefloquin, Roche) spielt nur eine untergeordnete Bedeutung bei der Vorbeugung. Das Präparat ist einzunehmen in einer Dosierung von 250 mg einmal pro Woche, mit einer Woche Vorlauf. Bei der erstmaligen Einnahme soll mit entsprechendem Vorlauf auf Nebenwirkungen getestet werden.

Nach Zahlen von Insight Health haben die Apotheken in den vergangenen zwölf Monaten über alle Malariamittel hinweg 331.000 Packungen im Wert von 10,7 Millionen Euro (Herstellerabgabepreise, ApU) bestellt. 88 Prozent entfallen auf Atovaquon/Proguanil. Der Patentablauf von Malarone (GlaxoSmithKline, GSK) hat den Gesamtmarkt seit 2013 um mehr als 15 Prozent nach unten gezogen.

Seit dem Ende der Marktexklusivität haben neben dem Originalhersteller vor allem die großen Reimporteure verloren: GSK kommt aktuell nach Packungen noch auf 13 Prozent, Kohl auf 18 Prozent und Emra auf 16 Prozent. Im August hat es mit Glenmark erstmals ein Generikahersteller auf Rang 2 geschafft: Die deutsche Tochterfirma des gleichnamigen indischen Herstellers hat in den vergangenen Monaten ihren Marktanteil deutlich ausgebaut und kommt aktuell auf etwas mehr als 16 Prozent.

Auch die Stada konnte zulegen und kommt aktuell auf 9 Prozent, vor Hexal und Eurim mit je 4 Prozent und der Konzernschwester Aliud mit 2 Prozent. Die Variante mit 62,5mg/25mg haben nur GSK, Ratiopharm und Hexal im Sortiment. Atovaquon/Proguanil kann bereits bei Kindern ab einem Körpergewicht von 11 kg eingesetzt werden. Doxycyclin ist erst ab acht Jahren geeignet, nur Chloroquin und Mefloquin können noch früher eingesetzt werden (3 beziehungsweise 5 kg).

In der Prophylaxe hat Atovaquon/Proguanil die Nase mit weitem Abstand vorn: 96 Prozent aller Packungen entfallen im Selbstzahlerbereich auf diese Kombination; im GKV-Bereich sind es nur 32 Prozent. Damit sind Malarone und die entsprechenden Generika und Reimporte anders herum betrachtet in der Prävention zu Hause: Nur 5 Prozent aller Rezepte über Proguanil/Atovaquon werden auf Muster 13 ausgestellt; über alle anderen Wirkstoffe hinweg sind es nur 31 Prozent.

In Gebieten mit geringerem Malariarisiko ist eine Stand-by-Medikation möglich. In diesem Fall sollten Reisende eines der Medikamente mit sich führen; treten entsprechende Symptomen ein und ist innerhalb von 24 Stunden kein Arzt erreichbar, sollte zur Überbrückung eine therapeutische Dosis eingenommen werden. Mittel der ersten Wahl sind Artemisinin-Kombinationspräparate wie Riamet (Artemether/Lumefantrin). Alternativ eingesetzt werden Atovaquon/Proguanil oder in begrenztem Umfang Chloroquin. Für Schwangere wird Lariam (Mefloquin) empfohlen.

Malaria ist hauptsächlich in den tropischen und subtropischen Regionen Afrikas, Asiens und Südamerikas verbreitet. Schätzungsweise 3,2 Milliarden Menschen leben in Risikogebieten – die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung. Mit 214 Millionen Erkrankungen und 438.000 Todesfällen gehört Malaria zu den bedeutendsten Infektionskrankheiten weltweit.

90 Prozent der Erkrankungen und Todesfälle werden dem subsaharischen Afrika gemeldet; 70 Prozent aller Todesopfer sind Kinder unter fünf Jahren. Immerhin: In den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl der Neuerkrankungen um 37 Prozent weltweit gesunken, die Zahl der Todesfälle sogar um 60 Prozent.

In den meisten Fällen wird Malaria von weiblichen Anopheles-Mücken übertragen. Von den insgesamt 400 Vertretern gelten 30 als Vektoren. Malaria tropica ist die schwerste Verlaufsform der Erkrankung; Auslöser ist Plasmodium falciparum. Symptome sind Fieber, Schüttelfrost, Verdauungsprobleme und Krämpfe. Erkranken Touristen an Malaria, sollte die Behandlung nach Rückkehr im Heimatland unbedingt stationär und möglichst in einer Einrichtung mit tropenmedizinischer Erfahrung sowie intensivmedizinischen Möglichkeiten erfolgen.

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