Tübinger Forscher haben einen weiteren, recht erfolgreichen Impfstofftest im Kampf gegen Ebola vorgestellt. Die internationale Studie mit 158 Freiwilligen in Lambaréné (Gabun), Kilifi (Kenia), Genf und Hamburg sei „vielversprechend“ verlaufen, sagte Professor Dr. Peter Kremsner, Koordinator der Studie und Direktor des Instituts für Tropenmedizin. Der bereits zehn Jahre alte kanadische Wirkstoff rVSV-ZEBOV-GP, der bisher noch keine Lizenz habe, werde vom Menschen recht gut vertagen. Auch konnte nachgewiesen werden, dass Antikörper gebildet werden.
Bei der Vakzine handelt es sich um ein abgeschwächtes, gentechnisch verändertes Vesikuläres Stomatitis-Virus (VSV), das ein Oberflächenprotein des Ebola-Virus trägt. Gegen dieses Protein soll das Immunsystem der Geimpften Antikörper bilden.
Da es sich um einen Lebendimpfstoff handelt, wurden dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) zufolge erwartungsgemäß geringe Mengen an Impfviren im Blut gemessen, allerdings nur in den ersten Tagen. Eine Virusvermehrung scheine durch das Immunsystem kontrolliert und begrenzt zu werden. In Speichel und Urin seien keine Viren nachgewiesen worden. Bei allen Teilnehmern sei das Immunsystem durch die einmalige Impfung angeregt worden, Antikörper zu bilden, die spezifisch gegen das Ebola-Oberflächenprotein gerichtet waren. Die Antikörper hätten die Infektion durch das Ebola-Virus im Reagenzglas gehemmt, heißt es vom UKE.
„Diese Ergebnisse zeigen, dass der neue Impfstoff das Potenzial hat, auch bei dramatischen Ausbrüchen wie dem aktuellen Ebola-Virusausbruch eingesetzt zu werden“, sagt Professor Dr. Stephan Becker, dessen Labor an der Philipps-Universität Marburg die Immunantwort aller Studienteilnehmer untersuchte.
Kremsner schränkte ein: Es gebe eine „hohe Wahrscheinlichkeit“, dass der Impfstoff auch wirksam sei, explizit nachgewiesen sei das aber noch nicht. Das Patent für den Impfstoff liege beim Pharmakonzern Merck. Er könne möglicherweise im Laufe des Jahres zugelassen werden. Die Ergebnisse der Studie werden im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht.
Dass die Entwicklung der kanadischen Gesundheitsbehörde so lang gedauert habe, sei darauf zurückzuführen, dass das Interesse an einen marktreifen Impfstoff erst mit dem dramatischen Ausbruch in Westafrika wieder extrem gewachsen sei, vermutete Kremsner. „Es war eine Notfallsituation.“ Damit sei es auch zu erklären, warum die ganzen Verfahren nun vergleichsweise schnell verlaufen konnten.
Aktuell würden in Gabun weitere Erwachsene geimpft, um die optimale Dosierung des Impfstoffs zu finden. Auch das Impfen von Jugendlichen und Kindern sei geplant. Die registrierten Nebenwirkungen wie Fieber oder Unwohlsein seien „impfüblich“, so Kremsner. Gelenkentzündungen, die bei elf Freiwilligen auftraten, seien rasch abgeklungen.
Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) hat die Vorbereitung der Studie am UKE in Hamburg unterstützt. Das DZIF, das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie der britische Wellcome Trust haben die Fördermittel für die Vorbereitung und Durchführung der klinischen Prüfung zur Verfügung gestellt. Der Impfstoffkandidat wurde von der Kanadischen Gesundheitsbehörde an die WHO gespendet und von dieser für diese Studien bereitgestellt.
Es gebe noch rund ein Dutzend andere Impfstoffe, sagt Kremser. Nur zwei seien aber in ihrer Entwicklung weit: Neben dem vorgestellten kanadischen Wirkstoff rVSV-ZEBOV-GP, sei es einer namens cAd3-EBOZ. Dieser war von dem britischen Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) in Zusammenarbeit mit dem US-Nationalen Institut für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID) entwickelt worden. Beide Testimpfstoffe hatten kürzlich unter anderem auch in großen Studien in Liberia positive Ergebnisse gezeigt.
Beim aktuellen Ausbruch sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO bisher in Westafrika mehr als 25.000 Menschen infiziert worden – mehr als 10.000 starben. In der vergangenen Woche hat es Kremsner zufolge noch 75 Neuinfektionen gegeben. Der aktuelle Ausbruch klinge jedoch ab.
Weltweit gehört das Ebola-Virus zu den gefährlichsten Krankheitserregern. Es löst hämorrhagisches – mit Blutungen einhergehendes – Fieber aus. 1976 wurde das Virus erstmals im damaligen Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo, nahe des Ebola-Flusses nachgewiesen. Bei früheren Ebola-Ausbrüchen wurden jedoch höchstens einige Dutzend bis einige Hundert Menschen infiziert.
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