Infektionskrankheiten

HIV: Ruhende infizierte Zellen entdeckt Nadine Tröbitscher, 20.03.2017 10:00 Uhr

Berlin - 

Ansatz einer HIV-Therapie ist die Behandlung aktiver infizierter Zellen. Forscher haben nun Zellen aufgespürt, die das Virus beherbergen, jedoch inaktiv sind. Die schlafenden Zellen könnten ein neuer Ansatz in der Behandlung der Erkrankung sein. Die Studienergebnisse wurden im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.

In einem In-vitro-Modell konnten die Forscher der Universität Montpellier für HIV-infizierte ruhende T-Zellen etwa 103 hochregulierende Gene sowie 16 Transmembranproteine nachweisen. Besonders auffällig war das Protein CD32a an der Oberfläche der CD4-Zellen. Das Eiweiß werde am häufigsten produziert und sei für die ruhenden Zellen spezifisch. Im Umkehrschluss konnten die Forscher feststellen, dass aktive CD-4-Zellen nicht mit einer Expression von CD32a verbunden sind. Zur Identifizierung und Markierung nutzen die Forscher die Fluoreszenz. Anschließend extrahierten sie durch Antikörper, die an CD32a binden, die Zellen aus dem Blut der Patienten, deren Viruslast durch eine antiretrovirale Therapie (ART) so stark abnahm, dass ein HIV nicht mehr nachweisbar war.

Die schlafenden Zellen waren bislang im Körper nicht auffindbar. Sie lagen versteckt und beherbergten das Virus. Sie können als latentes Reservoir bezeichnet werden. Seit mehr als zwei Jahrzehnten sei es der Traum der Wissenschaftler, diese bösartigen versteckten Zellen aufzuspüren und zu töten, so der führende Autor der Studie und Virologe an der Universität von Montpellier, Dr. Monsef Benkirane.

Seit etwa fünf Jahren verfolgen Wissenschaftler den Therapieansatz „Shock and Kill“. Dabei sollen die Virusreplikation in den schlummernden Zellen angeregt werden und anschließend die aktiven Zellen mit den verfügbaren Medikamenten behandelt werden. Bislang konnten die Zellen jedoch nicht genug aktiviert werden – die Medikation für den „Shock“ war nicht effektiv genug.

CD4-Zellen sind sogenannte Helferzellen des Immunsystems. Das HI-Virus kann sie als eine Eintrittsstelle in den menschlichen Organismus nutzen. Dazu dockt das Virus an und schleust seine Erbinformation ein. In der Folge produzieren die Zellen neue Viren.

Die ART ist eine lebensrettende Therapie und verschafft HIV-Infizierten eine annähernd normale Lebenserwartung bei steigender Lebensqualität. Backbones bilden die Basis des individuellen Therapieregimes und werden mit weiteren Wirkstoffen kombiniert. So können sie mit einem Proteaseinhibitor (PI) wie Invirase (Saquinavir) oder Prezista (Darunavir) und/oder einem Entry-Inhibitor (EI) wie Celsentri (Maraviroc) als Dreifachbehandlung gegeben werden. Als Backbone kann die Kombination Tenofovir/Emtricitabin eingesetzt werden. Abacavir/Lamivudin sind nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI) und verhindern das Umschreiben der Virus-RNA in DNA.

Die Dreierkombination greift an verschiedenen Stellen in der Virusvermehrung an und gilt als hochaktive antiretrovirale Therapie. Der EI verhindert ein Eindringen des Virus in die Zelle über den Co-Rezeptor CD5, die NRTI sorgen für einen Kettenabbruch während der Umschreibung der Virus RNA und der PI hemmt die Reifung des neuen Virus. Für den Einsatz von Maraviroc ist ein Tropismustest vor Therapiebeginn notwendig, dieser gibt an, über welchen Co-Rezeptor das Virus in die Zellen gelangt – CD4 oder CD5. Zudem liegen für den Wirkstoff vermehrt Resistenzen vor.