Bei Pandemie schnelle Anpassung möglich

Infektiologe zu Vogelgrippe: „Wir haben Impfstoffe“ Laura Schulz, 09.07.2024 18:40 Uhr

Das Vogelgrippevirus breitet sich in US-Rinderpopulationen aus. Laut Infektiologe Dr. Leif Erik Sander besteht für Menschen in Deutschland derzeit keine Gefahr, Vorsichtsmaßnahmen sind dennoch ratsam. Foto: adobestock.com/mhp
Berlin - 

Im Fall einer Vogelgrippe-Pandemie könnten Impfstoffe für Menschen nach Einschätzung des Berliner Infektiologen Dr. Leif Erik Sander rasch zur Verfügung stehen. „Wir haben Impfstoffe, die zugelassen sind, die in dem Moment, in dem ein Virus eine Pandemie auslöst, sehr schnell angepasst werden könnten“, sagte der Charité-Professor bei einem Online-Pressegespräch. Allerdings müssten dafür Produktionskapazitäten hochgefahren werden.

Sander spricht von Influenza-Impfstoffen, die an die Untervariante des Vogelgrippe-Erregers angepasst werden müssten. Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist ein Influenza-A-Virus wie die beim Menschen kursierenden Erreger der saisonalen Grippe.

Keine akute Bedrohung für Menschen in Deutschland

Für Menschen in Deutschland besteht dem Experten zufolge derzeit kein Grund zur Sorge. „Momentan gibt es noch keine Veranlassung, Menschen aktiv zu impfen“, sagte Sander und ergänzte: „Es geht nicht darum, die Sorge zu verbreiten, dass eine Pandemie unmittelbar bevorsteht. Man sollte aber alles machen, um vorbereitet zu sein.“

Das Virus H5N1 kursiert seit Jahrzehnten verstärkt unter Vögeln – zunächst in Asien, inzwischen nahezu weltweit. In den USA haben sich zuletzt Dutzende Rinder infiziert. Eine Handvoll Menschen hat sich laut der US-Gesundheitsbehörde CDC im Kontext des Ausbruchs in US-Milchviehhaltungen bislang angesteckt. Die Ansteckungen sind laut US-Behörden vermutlich durch direkten Kontakt mit infizierten Kühen erfolgt, nicht von Mensch zu Mensch. Dem Robert Koch-Institut zufolge gibt es derzeit weltweit keine Hinweise für eine fortgesetzte Mensch-zu-Mensch-Übertragung mit Influenzaviren.

Befall von Rindern bereitet Experten Sorge

Sander nannte den Befall von Rindern besorgniserregend, weil sich das Virus in einer großen Population von Säugetieren vermehre, die vom Menschen genutzt würden. Eine der größten Sorgen sei, dass sich das Virus weiter adaptiert. „Wenn sich das Virus stark in einer Spezies verbreitet, ist die Sorge, dass es sich an andere Säugetiere adaptieren kann oder sich mit anderen Influenzaviren vermischt. Das würde ermöglichen, dass es auch stärker Menschen befällt und es womöglich dann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden könnte.“

Die Infektion mit stark krank machenden Vogelgrippe-Viren wie H5N1 trete bei Menschen selten auf, verlaufe dann aber häufig schwer. Die Sterblichkeitsrate ist dem Experten zufolge hoch. „Das liegt daran, dass diese Viren nur die tiefen Abschnitte der menschlichen Lunge befallen können und es dann zu schweren Entzündungen der Lunge führen kann.“

Einer der Infizierten in den USA zeigte typischere Symptome einer akuten Atemwegserkrankung wie Husten. Bei den anderen Betroffenen wurde von Symptomen in den Augen ähnlich einer Bindehautentzündung berichtet. „Die Menschen haben sich wahrscheinlich über Schmierinfektionen infiziert und nicht wie sonst bei Influenza üblich über die Atemwege. Das könnte zu den relativ milden Verläufen führen“, sagte Sander.