Thrombozytenaggregation

Infarktrisiko: Protein als Doppelagent

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Berlin -

Wissenschaftler des Rudolf-Virchow-Zentrums und des Klinikums Würzburg haben herausgefunden, dass eine bestimmte Mutation eines Zellproteins zu einem Signaldefekt in Thrombozyten führt und die Verklumpung der Blutplättchen fördert. Die im Fachjournal „Arteriosclerosis, Thrombosis, and Vascular Biology“ veröffentlichten Studienergebnisse könnten dazu beitragen, die Behandlung von Thrombosen, Herzinfarkten oder Schlaganfällen zu verbessern.

Thrombozyten spielen eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung, da sie Verletzungen abdichten. Die Aktivierung wird hauptsächlich durch Calcium-Ionen reguliert. Bei einer Verletzung nehmen die Blutplättchen die Ionen auf und leiten damit unter anderem ihren Gestaltwandel, auch „shape change“ genannt, ein. Gegenspieler sind Magnesium-Ionen, die die Aktivierung der Plättchen und damit die Bildung von Gerinnseln verhindern.

Das Zellprotein TRPM7 (Transient receptor potential cation channel, subfamily M, member 7) übernimmt bei der Thrombozytenaggregation im Zuge der Blutgerinnung vermutlich eine wichtige Doppelfunktion, in dem es an der Schnittstelle dieser beiden regulatorischen Prozesse zu stehen scheint. Es wird ubiquitär in der Schilddrüse, der Niere und weiteren Gewebearten exprimiert und ist sowohl ein Ionenkanal als auch eine Serin/Threonin-Proteinkinase.

Das Protein ist an der Organisation des Zytoskeletts, der Zelladhäsion, der Zellmigration und der Organogenese beteiligt. Defekte in diesem Gen können zu degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems wie amyotropher Lateralsklerose (ALS) oder auch zu Herzfunktionsstörungen führen.

Die Kinaseaktivität des Proteins ist essentiell für die Ionenkanalfunktion: „TRPM7 fungiert einerseits als Kanal, der Magnesium-Ionen in die Zelle lässt“, erklärt Studienleiter Dr. Attila Braun. „Ein anderer Teil des TRPM7 arbeitet zudem als Enzym, das in den Calcium-Stoffwechsel der Blutplättchen eingreift. Wir konnten nun erstmals zeigen, dass dieses Enzym indirekt die Aufnahme von Calcium-Ionen und somit die Verklumpung der Blutplättchen fördert.“ Bislang war unbekannt, welche physiologische Rolle die Enzymfunktion des TRPM7 spielt.

Den Nachweis konnten die Forscher an Labortieren erbringen, bei denen TRPM7 aufgrund einer Punktmutation keine Enzymfunktion mehr hatte: „Die Calciumaufnahme in die Thrombozyten war bei den Tieren dadurch vermindert“, betont Braun. „Als Kanal für Magnesium-Ionen war das TRPM7 dagegen weiterhin voll funktionstüchtig.“ Bei den Experimenten beobachteten die Wissenschaftler, dass die Nager nach einem Schlaganfall deutlich weniger Hirnschädigungen entwickelten. Zudem hatten sie kaum noch größere Blutgerinnsel, wie sie bei einer Thrombose entstehen. „Die abgestorbenen Regionen waren bei ihnen um 60 Prozent kleiner als bei normalen Mäusen“, sagt Braun. „Auch waren bei ihnen die neurologischen Folgen des Schlaganfalls wie etwa Lähmungserscheinungen erheblich schwächer ausgeprägt.“

Jetzt muss noch erforscht werden, ob das Doppelleben des Proteins auch beim Menschen eine ähnliche Funktion erfüllt. Wenn ja, könnten künftig beispielsweise Wirkstoffe entwickelt werden, die gezielt die enzymatische Funktion des TRPM7 hemmen. Somit könnte die Therapie von Krankheiten optimiert werden, bei denen Thrombozyten eine Rolle spielen.

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