Körpereigene Abwehr

Immunsystem mit negativer Regulation

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Berlin -

Tagtäglich sind wir von Viren umgeben, die unser Immunsystem aktivieren. Erkennt der Körper ein Pathogen, werden zur Abwehr Immunbotenstoffe ausgesendet, die helfen, den Eindringling zu inaktivieren. Dieser Dauerbeschuss kann zu einer Immunüberreaktion führen. Wissenschaftlern ist es gelungen, einen negativen Regulator zu identifizieren. Welche Bedeutung das Enzym DAPK1 für die Therapie von Autoimmunerkrankungen hat, kann momentan nur vermutet werden.

Seit Jahrzehnten beschäftigen sich Forscher mit der Aktivierung und dem Ausbremsen des Immunsystems. Eine Rolle dabei spielen sowohl die erworbene als auch die angeborene Körperabwehr. Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Universitätsklinikum Heidelberg ist es nun gelungen unter 719 menschlichen Kinase-Genen ein Enzym zu identifizieren, das einen neuartigen Rückkopplungsmechanismus auslöst. Die Identifizierung von DAPK1 hat über sieben Jahre gedauert.

Untersucht wurde der Mechanismus vor allem an der pathogenen Klasse der RNA-Viren. Kommt der Körper beispielsweise mit Influenza- oder Hepatitis-C-Viren in Kontakt, wird das angeborene Immunsystem sofort aktiv. Botenstoffe, sogenannte Interferone, werden massiv ausgeschüttet und inaktivieren das Virus in der betroffenen und den umliegenden Zellen.

Würde die körpereigene Abwehr jetzt nicht gebremst, könnte eine unkontrollierte Interferonausschüttung Autoimmunerkrankungen verursachen und Zellen langfristig schädigen. Auf und in den Zellen befinden sich Sensoren, für verschiedene Krankheitserreger. Für RNA-Viren ist es retinoic-acid-inducible-gene-I (RIG-I), das das Erbgut des Virus erkennt und die Abwehrkaskade auslöst.

Etwa acht Stunden nach der Aktivierung des Immunsystems induziert RIG-I auch seinen Gegenspieler – den negativen Regulator DAPK1. Dieses Enzym wiederum inaktiviert RIG-I und verhindert so eine weitere Immunantwort. Die Sensoren der Zellen können das Virus nun nicht mehr erkennen und die Interferonausschüttung sinkt.

„Die ersten zehn bis 20 Stunden nach dem ersten Viruskontakt reichen bei vielen Viren um deren Vermehrung in den einzelnen Zellen zu stoppen“, so Dr. Marco Binder, vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Die identifizierten Interferon-positiven Zellen aktivieren ebenso die umliegenden Zellen. „Sobald dann DAPK1 voll aktiv ist, sehen wir, wie im Gegenzug das antivirale Abwehrprogramm wieder heruntergefahren wird. Im weiteren Verlauf unserer Forschung konnten wir zeigen, dass dies nicht nur eine zufällige Korrelation war, sondern ursächlich zusammenhängt.“

Laut Binder könnte dieses Enzym künftig für die Behandlung bestimmter Autoimmunerkrankungen von Bedeutung sein – so zum Beispiel des systemischen Lupus erythematodes (SLE). Diese Erkrankung geht mit einer Dysregulation des Interferonsystems einher. Könnte man also gezielt DAP-K1 aktivieren, würde die Interferonausschüttung möglicherweise heruntergefahren und körpereigene Entzündungen und Zellschäden gemindert.

Auch für das Verständnis und die Therapie von Leberkrebs bei Hepatitis-C-Virus-(HCV)-Infektionen könnte die Entdeckung von Bedeutung sein. Eine chronische HCV-Infektion geht mit einem erhöhten Krebsrisiko einher. HCV gelingt es, die körpereigene Abwehr zu überlisten und sich dauerhaft in den Leberzellen einzunisten, dabei könnten RIG-I und somit auch DAPK1 dauerhaft aktiv bleiben.

„Aktuelle Studien zeigen, dass bei bestimmten sehr aggressiven Tumoren eine Aktivierung von DAP-K1 das Tumorwachstum massiv fördert. Wenn bei einer chronischen HCV-Infektion die ständige, latente Aktivierung von DAP-K1 mit bestimmten genetischen Defekten zusammentrifft, ist das, als ob man Öl ins Feuer gießt”, so Binder.

Ergebnisse einer Brustkrebsstudie haben gezeigt, dass eine P53-Mutation DAP-K1 ebenfalls aktiviert und dadurch das Tumorwachstum gefördert wird. Ursprünglich überwacht das Protein die Genomreplikation und verursacht die Apoptose, den Selbstmord der Zellen. Sie ziehen der Mutation den Suizid vor. Ist das codierte Gen mutiert, dreht sich die Funktion um und die Krebszellen wachsen.

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