Die wenigen Fälle von Affenpocken, die aktuell in Deutschland bestätigt sind, führen zu großer medialer Aufmerksamkeit. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verkündete am gestrigen Dienstag, dass die Regierung 40.000 Impfdosen Pockenimpfstoff beim Hersteller Bavarian Nordic ordern wird. Doch wieso eigentlich Pocken-Impfstoff? Wie unterscheiden sich Pocken und Affenpocken? Können auch andere Tiere solche Erreger in sich tragen? Und wieso hilft die Windpocken-Impfung nicht gegen Affenpocken?
Zur Erinnerung: Affenpocken gehören zu den Zoonosen. Dabei ist der Name eher irreführend, da Affen lediglich Fehlwirte sind. Ursprünglich scheint das Virus von Nagetieren zu stammen. Die Übertragung erfolgt wohl weniger über Aerosole, sondern über engen Kontakt zu Infizierten. Blut, Gewebe, Körperflüssigkeiten und Schorf enthalten Viren.
Gruppe: Zoonose
Gattung: Orthopoxvirus
Inkubationszeit: 7 bis 21 Tage
Übertragungswege: Über Gewebe, Blut oder Ausscheidungen infizierter Tiere. Auch von Mensch zu Mensch bei engem Kontakt über Körperflüssigkeiten oder Schorf möglich
Symptome: Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen und geschwollene Lymphknoten, später Hauteffloreszenzen
Schaut man auf die Gattung, wird schnell klar, weshalb ein Pocken-Impfstoff gegen Affenpocken durch Kreuzimmunität wirken kann. Denn auch die echten Pocken – Variola – ausgelöst durch das Orthopoxvirus variola gehören zu den Orthopoxviren. Anders als die Affenpocken gehören die echten Pocken nicht zur Gruppe der Zoonosen. In Amerika hat der Pockenimpfstoff Imvanex zudem eine zweite Indikationszulassung: Dort kann der Impfstoff von Bavarian Nordic gegen Pocken und Affenpocken gespritzt werden.
Gruppe: Humaner Erreger (keine weiteren Wirte bekannt)
Gattung: Orthopoxvirus
Inkubationszeit: 7 bis 19 Tage
Übertragungswege: Tröpfchen- oder Schmierinfektion (Speichel, Husten, Sprechen)
Symptome: Fieber, Gliederschmerzen, Atemwegesbeschwerden, charakteristischer Hautausschlag, unter Umständen Verwirrtheit und Wahnvorstellungen
Insgesamt können vier Spezies der Orthopoxviren beim menschen Symptome auslösen. Neben dem Variolavirus, dem Erreger der Pocken (smallpox), können auch Vaccinia-, Affen- und Kuhpocken-Viren den mMenschen als Wirt nutzen. Vaccinia-Viren bilden übrigens die Basis für den aktuell verfügbaren Pockenimfpstoff. Es handelt sich um einen Lebendimpfstoff. Der Mensch stellt nur für die echten Pocken ein Reservoir dar.
Gruppe: Zoonose
Gattung: Orthopoxvirus
Inkubationszeit: 7 bis 10 Tage
Übertragungswege: Ähnlich den Affenpocken, auch hier ist der Schorf infektiös
Symptome: Hautveränderungen (Blasen, Vesikel. Pusteln). Oft nur wenige Läsionen. Schmerzhafte Lymphnoten, Fieber und Bindehautentzündung
Kuhpocken können auch Katzen befallen. Denn gehen die Vierbeiner auf Jagd, so kann es sein, dass sie mit einem Infizierten Nagetier, welches meist asymptomatischer Träger ist, in engen Kontakt kommen. Infiziert sich die Katze und beißt seine/n Besitzer:in, so kann eine Übertragung auf den Menschen erfolgen. Generalisierte Exantheme und eine entsprechend schwere systemische Erkrankung, wie man es von den Pocken kennt, kommen selten vor. Zumeist betrifft ein schwerer Verlauf nur immunsupprimierte Personen.
Windpocken tragen zwar den Begriff „Pocken“ im Namen, gehören aber nicht zu den Orthopoxviren. Pocken bezieht sich auf die Hautsymptomatik und beschreibt die Effloreszenzen. Die Windpocken werden vom Varicella-zoster-Virus ausgelöst, die übergeordente Familie sind die Herpesviren. Das Virus aus der Familie der Herpesviridae ist neben dem Herpes-simplex-Virus 1 und 2 das dritte humanpathogene Alpha-Herpesvirus. Demtentsprechend schützt eine Windpockenimpfung auch nicht vor Affenpocken.
Gruppe: Humaner Erreger
Gattung: Varicellovirus, Familie der Herpesviren
Inkubationszeit: Meistens 14 bis 16 Tage, 8 bis 21 Tage möglich, nach Immunisierung bis zu 28 Tage
Übertragungswege: Aerogen durch virushaltige Tröpfchenkerne, die beim Atmen oder Husten ausgeschieden werden (Varizellen gelten als äußerst kontagiös – also besonders ansteckend – nach einer Exposition erkranken über 90 von 100 Menschen.
Symptome: Zunächst Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen, danach Hautveränderungen (Blasen, Vesikel. Pusteln) mit Juckreiz.
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