Für die Behandlung fiebernder Kinder werden in der Regel entweder Ibuprofen oder Paracetamol einzeln oder die beiden Arzneistoffe abwechselnd eingesetzt, wie aus dem Versorgungsalltag ersichtlich wird. Die Wirksamkeit der einzelnen Substanzen ist bewiesen, doch wie sieht es mit der Evidenz der alternierenden Gabe aus?
Im Vergleich zu Erwachsenen entwickeln Kinder deutlich häufiger Fieber. So kann die Körpertemperatur bei harmlosen Infekten, aber auch bei körperlicher Aktivität ansteigen. Im Allgemeinen ist Fieber als eine Schutzreaktion des Körpers zu verstehen. Der Sinn liegt darin, dass sich Krankheitserreger bei Fieber schlechter vermehren können, das heißt, es in ein Signal für die Auseinandersetzung des Körpers mit einer Erkrankung. In diesem Zusammenhang ist auch die Begriffsdefinition von Bedeutung: Ein Kind hat Fieber, wenn die Körpertemperatur bei mehr als 38,5 Grad liegt. Bei Werten darüber spricht man von hohem Fieber, bei Werten zwischen 37,6 und 38,5 Grad von erhöhter Temperatur.
Ibuprofen und Paracetamol sind bewährte antipyretisch wirksame Substanzen, die bei Kindern in Form von Zäpfchen oder Saft zum Einsatz kommen. Aus dem Apothekenalltag ist bekannt, dass manche Ärzte gerne eine alternierende Gabe empfehlen. So soll das Fieber effektiver gesenkt werden, als bei einer einzelnen Gabe eines Wirkstoffs. Wissenschaftler haben sich mit diesem Thema schon befasst. Mehrere Arbeitsgruppen weisen darauf hin, dass die alternierende beziehungsweise kombinierende Gabe der beiden Antipyretika an fiebernden Kindern zu Dosierungsirrtümern mit dem Risiko von Überdosierungen führen kann. Da Ibuprofen renal eliminiert wird, sind toxische Wirkungen auf die Niere, im Fall von Paracetamol auf die Leber denkbar.
Die Wissenschaftler um Dr. Erlewyn-Lajeunesse verglichen in einer randomisierten Studie von 2006 die fiebersenkende Wirkung von Paracetamol, Ibuprofen und der Kombination beider Substanzen. Nach einer Stunde unterschied sich die Körpertemperatur bei den Kindern, die die Kombination bekamen und bei denen, die nur Paracetamol bekamen, lediglich um weniger als einen halben Grad. Den Autoren zufolge ist der Unterschied zu gering, um eine routinemäßige Anwendung zu rechtfertigen. Der Unterschied zwischen der Kombination und Ibuprofen war bei dieser Analyse nicht signifikant.
Forscher um Dr. Alastair Hay der Universität Bristol untersuchten 2008 an 156 Kindern, ob die gleichzeitige Gabe das Fieber besser senkt als die Einzelgabe eines Wirkstoffs. Die Kinder waren zwischen sechs Monaten und sechs Jahren alt und wurden wegen akuten Fiebers zwischen 37,8 und 41 Grad Celsius behandelt. Sie erhielten entweder Paracetamol oder Ibuprofen oder eine Kombination beider Mittel. Ergebnis: Ibuprofen führte zu einer schnelleren Fiebersenkung bei Kindern als Paracetamol. Auch die Kombination aus Ibuprofen und Paracetamol war offenbar besser wirksam Paracetamol allein.
Wie die Untersuchung zeigte, ist die Wirksamkeit von Ibuprofen jedoch nur in den ersten vier Stunden der Behandlung den anderen Therapien überlegen. Die Kinder der Kombinationsgruppe waren in den ersten 24 Stunden 2,5 Stunden länger fieberfrei als die mit der Ibuprofen-Monotherapie. Kinder, die nur Paracetamol erhielten, litten 4,4 Stunden länger unter Fieber als jene, die beide Wirkstoffe verabreicht bekamen. Die Autoren empfehlen, bei Fieber zunächst Ibuprofen zu geben. Wenn beide Substanzen eingesetzt werden sollen, sei eine Nutzen-Risiko-Analyse für dieses Vorgehen vonnöten.
Wissenschaftler um Dr. Ian Paul untersuchten 2010 an einer kleinen Gruppe von fiebernden Kindern im Alter von sechs Monaten bis sieben Jahren in drei Gruppen. Die Studie verglich drei Therapieregime: Gruppe 1 erhielt Ibuprofen, Gruppe 2 bekam je eine Dosis Ibuprofen und Paracetamol verabreicht und Gruppe 3 erhielt zuerst Ibuprofen und drei Stunden später Paracetamol. Ibuprofen wurde in der Dosis 10 mg/kg appliziert, Paracetamol mit 15 mg/kg. Die Kinder wurden über sechs Stunden beobachtet. Nach vier und sechs Stunden Beobachtung war der antipyretische Effekt bei den Kindern, die Ibuprofen und Paracetamol zusammen oder nacheinander einnahmen, ausgeprägter als bei Ibuprofen allein.
Die Ergebnisse legen zwar nahe, dass kombinierte und alternierende Dosen der Fiebersenker effektiver sind als als eine alleinige Gabe. Um evidenzbasierte Ergebnisse zu erhalten, sind den Autoren zufolge jedoch methodisch verbesserte Studien notwendig. Vor allem soll auch die Sicherheit der antipyretischen Regimes und der wiederholten Dosen dieser beiden Medikamente in Kombination bewertet werden.
In einer prospektiven, nicht-kontrollierten Untersuchung wurden US-Apotheker zu ihren Empfehlungen befragt. 82 Prozent der Pharmazeuten gaben an, dass sie eine alternierenden Gabe der Fiebersenker regelmäßig empfehlen, um Fieber bei Kindern zu reduzieren. Die Ergebnisse zeigten allerdings, dass es keinen standardisierten Zeitplan für den Wechsel gab. Das kann laut den Autoren zur Verwirrung bei den Eltern und der Möglichkeit einer Überdosierung führen.
2017 haben Wissenschaftler um Dr. Shuanghong Luo der Sichuan University eine Studie mit 474 fiebernden Kindern durchgeführt, die eine Axillartemperatur ≥ 38,5 Grad und eine Fiebervorgeschichte von gleich oder weniger als drei Tagen hatten. Nach dem Zufallsprinzip bekamen sie entweder abwechselnd Paracetamol (mit einem Intervall von vier Stunden) und Ibuprofen (mit einem Intervall von sechs Stunden). Zwischen den beiden Wirkstoffen lag das Intervall bei weniger als zwei Stunden. Oder sie erhielten Paracetamol beziehungsweise Ibuprofen als Monotherapie. Bei allen fieberhaften Kindern in den drei Gruppen wurde während der 24-stündigen Behandlungsperiode kein signifikanter klinischer oder statistischer Unterschied im mittleren Non-Communicating Children’s Pain (NCCPC)-Score oder in der Temperatur gefunden.
Obwohl der Anteil der Kinder mit therapierefraktärem Fieber für vier und sechs Stunden in der alternierenden Gruppe signifikant niedriger war als in den Monotherapiegruppen, war der mittlere NCCPC-Score bei Kindern mit therapierefraktärem Fieber für vier oder sechs Stunden nicht niedriger als in beiden Fällen Monotherapie-Gruppen. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass ein Zyklus einer abwechselnde Gabe der Arzneimittel den Anteil der Kinder mit refraktärem Fieber signifikant reduzieren kann, bei mehr als zwei Zyklen habe eine alternierende Therapie minimale bis keine klinische Wirksamkeit.
Die alternierende Gabe von Antipyretika ist eine gängige Praxis, trotz fehlender qualitativer Beweise, die dies unterstützen. Zudem ist dieses Therapieregime mit möglichen Sicherheitsbedenken behaftet, das. Viele pädiatrische Organisationen stellen die Sicherheit in Frage und befürworten ihre Anwendung nicht.
Es besteht Unsicherheit darüber, ob diese Schemata besser sind als die Verwendung von Einzelwirkstoffen, auch ist das Nebenwirkungsprofil von Kombinationsregimen nicht ausreichend bekannt. Die Studiendesigns sind oft heterogen und lassen sich kaum vergleichen. Experten sehen die wissenschaftliche Grundlage für eine alternierende beziehungsweise kombinierten Einsatz von Ibuprofen und Paracetamol aufgrund dessen als unzureichend an.
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