Lieferengpässe

Ibuprofen: BASF fährt langsam wieder hoch

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Berlin -

Eigentlich sollte der Ausfall des Ibuprofen-Werks von BASF in Bishop, Texas, nur drei Monate dauern. Nun ist es bald ein Dreivierteljahr her, dass die Anlage heruntergefahren wurde. In den vergangenen Wochen wurden die Systeme wieder in Betrieb genommen; nun soll wieder Wirkstoff für den weltweiten Markt produziert werden. Weil im Mai noch einmal Wartungsarbeiten anstehen, könnte es noch bis August dauern, bis wieder Volllast gefahren wird.

Ende Januar hatte BASF die mechanische Inbetriebnahme der Anlage erfolgreich abgeschlossen. Im nächsten Schritt wurden die Geräte und Verbindungen gereinigt. Alleine 25 Kilometer lang sind die Pipelines zwischen den einzelnen Einheiten, dazu kommen rund 150 Geräte, die für die Ibuprofen-Produktion notwendig sind. Entsprechend aufwändig sind die Kontroll- und Wartungsarbeiten. 350 zusätzliche Mitarbeiter sind beim Chemiekonzern derzeit damit beschäftigt, den Standort wieder ans Netz zu bekommen.

Nach Abschluss der Qualitätskontrollen soll ab kommender Woche die Produktion wieder starten und sukzessive auf den kommerziellen Regelbetrieb gesteigert werden. Bestellungen liegen einem Sprecher zufolge vor, zunächst werden die Aufträge aus dem vergangenen Jahr abgearbeitet. Sobald der erste GMP-konformer Wirkstoff produziert ist, beginnt die Auslieferung.

Bis das Werk wieder unter Volllast arbeitet, wird es aber noch dauern. Im Mai wird die Anlage dem Sprecher zufolge aufgrund von Wartungsarbeiten noch einmal heruntergefahren, fünf Wochen lang soll der planmäßige Shutdown dann noch einmal dauern. Immerhin: Im August beziehungsweise September soll dann nicht nur die bisherige Kapazität wieder erreicht werden, sondern zusätzliche Volumina produziert werden können. Eigentlich hatte BASF bereits vor einem Jahr den Standort erweitern wollen.

Die Anlage war Anfang Juni ausgefallen und hatte eigentlich bereits im September wieder ans Netz gehen sollen. Die Reparaturen zogen sich aber länger hin als angenommen. Grund für den Produktionsstopp war ein technischer Fehler: Ein Bauteil, das für den Ablauf des Produktionsprozesses wichtig ist, war reparaturbedürftig.

BASF produziert Ibuprofen seit September 1992 in Bishop, Texas. Der Standort war schon im August 2017 von Produktionsausfällen betroffen, deren Folgen hierzulande während der Grippesaison 2017/18 zu spüren waren. Grund dafür war der Hurricane „Harvey”, der zu Stromausfällen und in deren Folge dann zu den Produktionsausfällen führte. Das Werk ist mit einer Kapazität von 5000 Tonnen pro Jahr einer der führenden Produzenten von Ibuprofen weltweit. Rund ein Sechstel des globalen Bedarfs kommt von BASF, 2021 will der Konzern in Ludwigshafen eine weitere Anlage in Betrieb nehmen.

Die anderen fünf Ibuprofen-Produzenten des Wirkstoffes (Active Pharmaceutical Ingredient, API) für den Weltmarkt sind derzeit Hubei Granules-Biocause und Shandong Xinhua aus China, Solara und IOLPC aus Indien sowie SI Group aus den USA. Die Marktanteile sind annähernd gleich verteilt, was für die Auslastung der gesamten Kapazitäten spricht. Jede der sechs Fabriken produziert zwischen 10 und 20 Prozent des gesamten Weltmarkts.

BASF ist nicht der erste Ibuprofen-Lieferant, bei dem die Produktionsstrecken über längere Zeit stillstehen. 2012 gingen bei Albemarle im Werk in Orangeburg, South Carolina, aufgrund eines Stromausfalls die Lichter komplett aus. Am Standort, an dem 300 Mitarbeiter beschäftigt sind und der jährlich rund 5200 Tonnen Ibuprofen liefert, musste in der Folge die Elektrizität umfassend erneuert werden. Später lag die Produktion noch zweimal kurzfristig wegen Bränden still. Seit 2014 gehört die Fabrik zur SI Group, die gerade vom Finanzinvestor SK Capital Partners übernommen wurde und im zweiten Halbjahr mit Addivant fusioniert werden soll.

In China sind die Hersteller derzeit mit neuen Umweltauflagen konfrontiert. Hubei Granules-Biocause, ein Joint Venture des chinesischen Herstellers Biocause und des indischen Konkurrenten Granules, betreibt seit 2007 im zentralchinesischen Jingmen eine Fabrik mit einer Kapazität von rund 4800 Tonnen Ibuprofen pro Jahr. Für das laufende Jahr sind alle Kapazitäten vergeben, erst 2019 werden wieder Bestellungen angenommen.

Shadong Xinhua betreibt in Zibo im Nordosten des Landes eine Fabrik, in der 190 Mitarbeiter ausschließlich Ibuprofen herstellen. Die gesamte Produktion vor 3000 Tonnen pro Jahr wird allerdings in die USA verkauft – der chinesische Hersteller hatte sich für das Werk 2003 mit dem US-Konzern Perrigo zusammengetan, der seinerseits als Lohnhersteller zahlreiche Pharmafirmen mit fertigen Produkten beliefert.

Die beiden größten Werke für Ibuprofen finden sich in Indien: Die im Jahr 2000 errichtete Fabrik von IOLPC findet sich in Barnala an der Grenze zu Pakistan. Das Werk liefert seit 2007 für den Weltmarkt und kommt nach einer Erweiterung der Kapazitäten aktuell auf 6200 Tonnen pro Jahr.

Das Werk von Solara in Puducherry, südöstlich von Bangalore, wurde bereits 1986 eröffnet und kommt ebenfalls auf rund 6000 Tonnen. Der ursprüngliche Lohnhersteller Shasun ging 2015 im Generikahersteller Strides auf. Im vergangenen Jahr wurde das Geschäft mit pharmazeutischen Ausgangsstoffen unter neuem Namen ausgegründet.

Im vergangenen Jahr hatten die Großhändler begonnen, noch verfügbare Ware zu kontingentieren. Zuvor hatten Apotheker sich bereits gezwungen gesehen, Ware zu hamstern oder Großpackungen für ihre Kunden auszueinzeln.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dagegen hatte den Lieferengpass von Ibuprofen im November für beendet erklärt. Bereits zuvor war „die Verknappungssituation von Ibuprofen als individuell kompensierbar eingestuft“ und „ein Versorgungsengpass nicht bestätigt“ worden. Apotheker und Ärzte sollten „medikamentöse Alternativen in Betracht gezogen werden“, hieß es beim Jour fixe im Sommer.

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