Der Wirkstoff Hydroxychloroquin rückte in den vergangenen Monaten aufgrund einer möglichen Wirkung gegen Covid-19 in den Fokus. Normalerweise wird der Arzneistoff aus der Klasse der Antiprotozoika gegen Malaria, rheumatoide Arthritis und Hauterkrankungen wie Photodermatosen Lupus erythematodes eingesetzt. Jetzt konnten Forscher einen Zusammenhang zwischen der Entstehung von Psoriasis und der Einnahme von Hydroxychloroquin ausmachen.
Psoriasis gehört zu den Erkrankungen der pustulösen Dermatosen. Bis heute ist der Grund für die Entstehung nicht vollständig geklärt. Die Krankheit tritt jedoch familiär gehäuft auf. Neuere Forschungen weisen darauf hin, dass nicht die Keratinozyten, sondern Melanozyten-Proteine der eigentliche Auslöser der Autoimmunreaktion sein könnten. Bestimmte Arzneimittel, darunter Betablocker, ACE-Hemmer und gewisse Antibiotika, konnten bereits als Triggerfaktor für die Hauterkrankung ausgemacht werden. Nun konnten Forscher innerhalb eines systematischen Reviews zeigen, dass Hydroxychloroquin bei 50 Prozent der Patienten zu einer Psoriasis führte.
Die Wissenschaftler untersuchten in dem systematischen Review, ob zwischen der Einnahme von Hydroxychloroquin und dermatologischen Wirkungen, einschließlich Verschlimmerung einer Psoriasis, ein Zusammenhang besteht. Die herangezogenen Daten stammen aus den Datenbanken Embase und Medline. Für die Analyse infrage kamen 15 Studien, in denen insgesamt 18 Patienten eine Psoriasis entwickelten. Einer dieser Patienten wurde aufgrund von Covid-19 mit Hydroxychloroquin behandelt. Bei den restlichen Indikationen handelte es sich um verschiedene rheumatische Erkrankungen. Die Patienten waren zwischen 25 und 71 Jahre alt. Die 18 Patienten teilten sich wie folgt auf: 14 Frauen (77,8 Prozent), zwei Männer (11,1 Prozent), zweimal wurde das Geschlecht nicht angegeben (11,1 Prozent). 50 Prozent der 18 Patienten, die von Komplikationen im Zusammenhang mit Psoriasis aufgrund der Anwendung von Hydroxachloroquin berichteten, hatten zuvor keine Psoriasis. Fünf Patienten berichteten über eine Verschlechterung der Symptomatik vier Patienten schilderten nach der Einnahme einen Psoriasis-Rückfall.
Problematisch an der Untersuchung: Alle zusammengefassten Studien sind Fallberichte und Fallserien. Größere Studien fehlen. Eine Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist kaum möglich. Psoriasis ist eine komplexe Erkrankung, die aufgrund zahlreicher Auslöser und Co-Morbiditäten getriggert werden kann. Deshalb ist es schwierig, die Entwicklung einer Psoriasis allein auf die Verwendung von Hydroxychloroquin zurückzuführen. Die Autoren der Untersuchung gehen davon aus, dass die Effekte auf die Inhibition der epidermalen Transglutaminaseaktivität zurückzuführen sein könnten. Unter der Einnahme von Hydroxychloroquin würde die Hautbarriere gestört und folglich „poröser“ werden – diese Veränderung könnte zu einer Exzazerbation der Psoriasis führen. Durch die Produktion von Interleukin (IL) -17-über eine p38-abhängige IL-23-Freisetzung könnte der Wirkstoff darüber hinaus auch das Wachstum der Keratinozyten fördern.
Etwa zwei Millionen Deutsche leiden unter den Symptomen der Schuppenflechte. Stark schuppende, rötlich-entzündete Hautstellen: Die chronisch-entzündliche Hauterkrankung macht sich durch charakteristische Symptome bemerkbar. Häufig sind die betroffenen Stellen von silbrig-glänzenden Schuppen bedeckt und die sogenannten Plaques sind leicht erhaben. Meist sind sie rundlich und klar von der umliegenden Haut abgegrenzt. Häufig sind Ellbogen, Knie, der behaarte Kopf und die Haut hinter den Ohren befallen. Betroffene leiden nicht nur unter starken Schmerzen, sondern auch unter extremem Juckreiz oder Brennen der Haut.
Neben der Haut können auch die Hand- und Fußnägel betroffen sein: Sie bekommen Risse und Dellen, können brüchig werden und sich verfärben und verformen. Typisch sind die sogenannten „Tüpfelnägel“: Auf den Nägeln sind etwa 1-2 mm große punktförmige Einsenkungen sichtbar, die durch eine Verhornungsstörung entstehen. Auch Gelenke und Sehen können im Verlauf der Psoriasis betroffen sein: Bei einer Psoriasisarthritis kommt es zu Schwellungen und starken Schmerzen.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gab am 3. April Regelungen bezüglich der Abgabe von Hydroxychloroquin bekannt. Ärzte wurden aufgefordert, das Arzneimittel nur in den jeweilig gültigen Einsatzgebieten zu verordnen. Apotheken wurden angehalten, Hydroxychloroquin nur für Patienten mit zugelassener Indikation abzugeben – diese musste seitens des Arztes auf dem Rezept vermerkt werden. Eine Abgabe auf Privatrezept zum Off-Lable-Use bei Covid-19 sollte verhindert werden. Die Versorgung von Chronikern, die auf das Arzneimittel angewiesen sind, sollte sichergestellt werden. Seit Anfang Juli gelten diese Abgaberegeln nicht mehr – der Wirkstoff kann wieder ohne besondere Auflagen in Apotheken abgegeben werden.
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