Jedes Jahr erkranken hierzulande etwa 5000 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, dabei kann eine Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV), die als Auslöser der Krebserkrankung gelten, das Risiko mindern. Obwohl die Kassen die Kosten für die Impfung bis zum 17. Lebensjahr übernehmen, ist die Durchimpfungsrate gering. Ein deutsches Forscherteam hat nun einen neuen Impfstoff entwickelt, der vor allem in Ländern der dritten Welt zum Einsatz kommen soll.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt allen Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren eine HPV-Impfung zum Schutz vor Gebärmutterhalskrebs. Einen vollständigen Schutz bietet die Immunisierung jedoch nicht, da sich die verfügbaren Vakzine nur gegen bestimmte Arten der sexuell übertragbaren HPV-Stämme richten. Die Altersspanne wurde vor einigen Jahren von zuvor 12 bis 17 Jahren herabgesetzt, um mehr Mädchen zu schützen, bevor diese sexuell aktiv werden. Wer die Immunisierung im empfohlenen Alter versäumt, kann diese bis zum 18. Geburtstag nachholen.
Die Kassen übernehmen seit mehr als zehn Jahren die Kosten für die HPV-Impfung. Die Durchimpfungsrate liegt nach Zahlen der Ärzte Zeitung bei den 15-Jährigen jedoch nur bei 31 Prozent und bei den 17-Jährigen mit 43 Prozent nur etwas höher. In Australien liegt die Impfquote demnach bei 80 Prozent.
Vermutungen über die geringen Durchimpfungsraten gibt es viele. „Die meisten Eltern haben offenbar Schwierigkeiten, sich sexuelle Aktivitäten bei ihren 9- bis 14- jährigen Kindern vorzustellen“, sagt der Vorsitzende der Hessischen Krebsgesellschaft, Christian Jakisch. Eine bessere Aufklärung von Eltern und Kindern könne höhere Impfquoten erreichen. Die Impfung war jedoch durch Kritiker in Verruf geraten. Eltern und Kinder sind in Angst vor gesundheitsschädigenden Nebenwirkungen. Zuletzt stand die HPV-Impfung in Verdacht, Multiple Sklerose auszulösen. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) konnte einen Zusammenhang zwischen der Impfung und MS im Dezember 2016 ausschließen. Die Entscheidung konnte auf verschiedene Studien zurückgeführt werden.
Zur HPV-Impfung sind die neunvalente Vakzine Gardasil 9 (MSD) und die bivalente Vakzine Cervarix (GSK) im Handel. Mit Gardasil 9 könnten laut Hersteller 90 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs durch HP-Viren verhindert werden. Die Vakzine ist zugelassen für Mädchen und Frauen ab neun Jahren und dient der Vorsorge von Gebärmutterhalskrebs, Vulva-, Vaginal- und Analkarzinomen, die durch die HPV-Typen 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 ausgelöst werden. Außerdem kann die Impfung vor Genitalwarzen, die durch HPV-Typen 6 und 11 ausgelöst werden können, schützen. Sieben HPV-Typen, die der Impfstoff enthält (HPV 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58) können etwa 90 Prozent der Fälle von Gebärmutterhalskrebs auslösen und etwa 80 Prozent der hochgradigen zervikalen Läsionen weltweit. Gardasil 9 ist seit März 2016 auf dem Markt. Gardasil als Vakzine mit vier Stämmen ist seit Dezember 2017 nach etwa elf Jahren außer Vertrieb. GSK hat Cervarix (HPV 16 und 18) seit 2007 im Markt.
Die verfügbaren Impfstoffe stimulieren das Immunsystem, die schützenden Antikörper zu bilden. Wie bei der saisonalen Grippeimpfung muss vor der Infektion geimpft werden. Es handelt sich um eine prophylaktische Vakzine mit leeren Proteinhüllen. Außerdem sind die Präparate temperaturempfindlich und bedürfen einer Lagerung im Kühlschrank.
Forscher unter der Leitung von Professor Dr. Martin Müller haben am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) eine neue kostengünstigere und hitzestabile Vakzine entwickelt. Diese könne vor allem in Entwicklungsländern in Afrika und Südamerika zum Einsatz kommen, wo mehr als 80 Prozent der Krebserkrankungen diagnostiziert werden.
„Unser großes Ziel ist es, weltweit die Impfraten gegen HPV zu steigern, vor allem auch in Ländern, die nur über geringe Ressourcen verfügen“, so Müller. „Unser neuer hitzestabiler Impfstoff, der günstig zu produzieren ist und vor fast allen krebserregenden HPV-Typen schützt, ist ein erster großer Schritt in diese Richtung.“
Die vom Forscherteam entwickelte Vakzine enthält keine virusähnlichen Partikel, sondern Proteinschnipsel der Virushülle, die die Bildung von Antikörpern auslösen soll. Die Wissenschaftler haben Fragmente der acht HPV-Typen 6, 16, 18, 31, 33, 35, 51 und 59, die als Epitope bezeichnet werden, in das thermostabile Gerüstprotein, das bakterielle Thioredoxin, des Bakteriums Pyrococcus furiosus eingefügt. Das Impfprotein wird in Escherichia coli produziert. „Deswegen können wir das Impfprotein sehr leicht bei hohen Temperaturen aufreinigen, alle anderen bakteriellen Proteine gehen dabei zugrunde.“
Zudem wird eine Proteindomäne hinzugefügt, die die Zusammenlagerung von je sieben Thioredoxin-Epitop-Protein zu Makromolekülen fördert und die Wirkung der Vakzine steigert. Der neue Impfstoff könne vor fast 99 Prozent aller HPV-bedingten Gebärmutterhalskrebserkrankungen schützen. Ein Patent auf den Impfstoff ist bereits angemeldet. Die Vakzine wird sich jetzt der klinischen Prüfung unterziehen.
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