Energie allein reicht nicht APOTHEKE ADHOC, 21.12.2015 12:10 Uhr
Darf ein homöopathisches Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden, welches gar keine Wirkstoffe besitzt? Die Frage erscheint im Hinblick auf Hochpotenzen einfach zu beantworten: Natürlich ist das möglich – je nach Verdünnung ist nicht ein einziges Molekül der Urtinktur mehr vorhanden. Ein Hersteller homöopathischer Arzneimittel hatte jedoch die Ursubstanz gar nicht erst mit dem Lösungsmittel in Berührung gebracht. Das Verwaltungsgericht Aachen sah darin eine Irreführung. Die Mittel dürfen nun nicht mehr verkauft werden.
Homeda vertreibt eine große Anzahl homöopathischer Arzneimittel und hat dabei auch den einen oder anderen Exoten im Programm. Das Angebot reicht von homöopathisch aufbereitetem Amalgam über Canini (Eckzahn) bis hin zu x-Radii, also Röntgenstrahlung in Globuli-Form. Dem Hersteller aus Eschweiler wurde jedoch vorgeworfen, dass zumindest einige Präparate ohne die gesetzlich erforderliche Registrierung in den Handel gebracht wurden. Daraufhin änderte der Hersteller kurzerhand das Procedere der Herstellung.
Anstelle der Verdünnung der Urtinktur stellte Homeda für die beanstandeten Produkte auf das Verfahren der Energetisierung um: Dabei wird die Urtinktur nicht als Ausgangsstoff eingesetzt. Statt dessen verwendete Homeda eine Lösung von 70-prozentigem Ethanol, der in einer Goldschale im Abstand von 5 cm neben die eigentliche Urtinktur – ebenfalls im Goldgefäß – platziert wird. Die Lösungen werden anschließend durch ein Kabel verbunden und etwa fünf Minuten lang unter Strom gesetzt. Dadurch soll die Energie der Urtinktur auf die Ethanol-Lösung übertragen werden.
Die Prozedur wird insgesamt 100 Mal wiederholt und ist unter dem Namen „Bioresonanzverfahren“ bekannt. Die so „energetisierte“ Lösung potenzierte Homeda nach den bekannten homöopathischen Verdünnungsmethoden und brachte die Produkte anschließend als C30-Potenz in den Handel. Die Problematik dabei: Zwar mussten die Produkte nun nicht mehr registriert werden; immerhin war der Wirkstoff mit dem fertigen Produkt überhaupt nicht in Berührung gekommen. Homeda hatte aber versäumt, die Bezeichnung der Präparate zu verändern.
Das missfiel der Bezirksregierung. Die zuständige Behörde sah in der unveränderten Deklarierung eine Irreführung der Verbraucher. Sie untersagte dem Hersteller daher das Herstellen und Inverkehrbringen homöopathischer Arzneimittel, „die aufgrund der Kennzeichnung beim Verbraucher den Eindruck erwecken, dass sie den deklarierten Wirkstoff enthalten, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall ist“. Zugleich ordnete die Bezirksregierung ein Zwangsgeld in Höhe von 100 Euro für das Herstellen oder Inverkehrbringen jeder weiteren Packung an.
Homeda zog vor Gericht: Die Ordnungsverfügung sei übertrieben, klagte der Hersteller. Immerhin sei das Herstellungsverfahren vorab genehmigt worden. Außerdem sei eines der beanstandeten Produkte bereits freiwillig vom Markt genommen worden, die Verfügung sei damit hinfällig, so die Argumentation.
Das Verwaltungsgericht Aachen wies die Klage ab. Die Herstellung eines Produktes, in dem die deklarierten Wirkstoffe nicht enthalten seien, sei irreführend – insbesondere wenn das Präparat zuvor unter dem gleichen Namen in einer anderen Zusammensetzung produziert und vertrieben worden sei.
Homeda wollte sich bislang nicht zu dem Vorfall äußern, wird sich aber wohl neue Bezeichnungen für seine energetisierten Produkte überlegen müssen. Ein Zusatz wie „bpF“ als Abkürzung für „biophysikalisches Frequenzverfahren“ sei nicht aussagekräftig genug für den Verbraucher, so das Gericht.