Homöopathiekritiker haben in den vergangenen Wochen für Diskussionen gesorgt: Das neu gegründete „Netzwerk Homöopathie“ fordert eine Abschaffung der Apothekenpflicht und die Umbenennung der Alternativmedizin in „Pseudomedizin“. Jetzt äußert sich die Gegenseite zu den Vorstößen: Das ideologische Denken der Kritiker verliere die Patienten aus den Augen, moniert die Union Deutscher Heilpraktiker (UDH) in einem offenen Brief.
Die Heilpraktiker werfen den Homöopathiekritikern Doppelmoral vor: Wenn es um alternative Heilmethoden gehe, werde ein wissenschaftlicher Nachweis gefordert. Schulmedizinischen Methoden habe man dagegen Mängel bei der wissenschaftlichen Belegbarkeit immer wieder nachgesehen, heißt es in dem Brief.
Als Beispiel führt die UDH die Substanzklasse der Anästhetika an. Bis heute wisse niemand, wie ein Betäubungsmittel eigentlich funktioniere, so die Heilpraktiker. Die Erfahrungen von Patienten wie Therapeuten belegten jedoch eindeutig, dass die Mittel wirken. Es sollte daher immer die Frage gestellt werden, ob der Wirkstoff oder das Therapieverfahren dem Patienten hilft, anstatt den nicht bekannten Mechanismus der Wirkung in der Vordergrund zu stellen.
Dass homöopathische Mittel keinen Wirksamkeitsnachweis scheuen müssen, wollen die Heilpraktiker anhand von Studien zeigen. So wird unter anderem eine Metastudie aus dem Jahr 2014 zitiert, die nach Ansicht der UDH die positiven Effekte von homöopathischen Mitteln belegt. Autoren der Analyse führen allerdings an, dass die Ergebnisse wegen der niedrigen Qualität der eingeschlossenen Studien mit Vorsicht zu betrachten sind. Von 32 eingeschlossenen Studien wurde lediglich dreien eine ausreichende Evidenz bescheinigt.
Als weiteres Argument verweisen die Heilpraktiker auf die hohe Zufriedenheit der Anwender: Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der DHU aus dem Jahr 2014 habe ergeben, dass drei von vier Homöopathie-Verwendern sehr zufrieden mit der Medikation seien. Dem mündigen Patienten sei nicht weiszumachen, dass die Zufriedenheit mit den Präparaten ohne eine heilende Wirkung entstehe. Die Patienten entschieden sich aus ihrer persönlichen Erfahrung heraus, die Medikamente anzuwenden.
Eine Gefahr, dass Homöopathie vom Gebrauch der Schulmedizin abhalte, sieht die UDH nicht. Es stehe außer Frage, dass alternative Heilmethoden nicht bei jedem Krankheitsbild eingesetzt werden könnten. Dies sei aber nicht spezifisch für die Homöopathika, sondern betreffe auch viele andere Behandlungsmethoden. So schlage auch nicht jede Schmerztherapie in jedem Fall an und nicht jeder Bluthochdruck werde durch Antihypertensiva erfolgreich gesenkt. Genau aus diesem Grunde gebe es in Deutschland die freie Therapeuten- und Therapiewahl – zum Wohle des Patienten.
Das Netzwerk Homöopathie hatte sich im Februar vehement gegen eine Gleichstellung der Behandlungsmethode ausgesprochen. Die Kritiker planen unter anderem verschiedene Online-Projekte, darunter eine Plattform mit den Argumenten gegen Homöopathie sowie eine Sammlung von Fällen, bei denen homöopathische Behandlungen nachweislich geschadet haben. Das Netzwerk versucht damit einen Kontrapunkt zu den aus ihrer Sicht anekdotischen „Erfolgsberichten“ der Homöopathen setzen.
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