Schlafmittel und der Einsatz bei älteren Personen stehen schon länger in der Kritik. Das betrifft nicht nur verschreibungspflichtige Arzneistoffe, sondern auch freiverkäufliche. Die Antihistaminika der ersten Generation, zu denen Doxylamin und Diphenhydramin gehören, sollen unter anderem die Sturzgefahr erhöhen. Stada zeigt in einer Studie, dass dieses Risiko nicht gegeben ist.
Im Januar tagte zum Thema der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht (SVA). Die Experten empfahlen mehrheitlich die altersabhängige Verschreibungspflicht. Das bedeutet, für Menschen über 65 Jahre sollen Hoggar & Co. rezeptpflichtig werden. Betroffen vom diskutierten Rx-Switch sind die Wirkstoffe Doxylamin und Diphenhydramin.
Die Substanzen binden nicht spezifisch am H1-Rezeptor. Das bedeutet, sie können die Blut-Hirn-Schranke überwinden und zentrale Nebenwirkungen auslösen. Neben Schwindel und Müdigkeit kann vor allem Diphenhydramin das Risiko für ein Delir-Symptom erhöhen. All diese Nebenwirkungen könnten zu einer erhöhten Sturzgefahr führen. Diese unerwünschte Arzneimittelwirkung kann zu Knochenbrüchen führen. Aufgrund der schlechteren Knochensubstanz ist vor allem bei Frauen im höheren Lebensalter der Oberschenkelhalsknochen betroffen. Die Heilung ist langsam. Einige Patientinnen klagen über andauernde Schmerzen und Probleme beim Laufen.
Eine retrospektive Studie von Stada zeigt nun, dass die Einnahme von Antihistaminika der ersten Generation nicht zu einer erhöhten Sturzgefahr führt. Die detaillierten Studiendaten wurden im Fachmagazin „Die Pharmazie“ veröffentlicht. Im Ergebnis zeigt sich, dass es keinerlei Hinweise auf eine erhöhte Sturzgefahr im Zusammenhang mit der Einnahme von Antihistaminika wie Doxylamin (Hoggar) gibt. In die Studie flossen Aussagen von 169 Ärzten ein, die in den vorangegangenen sechs Monaten insgesamt 313.046 Patienten, davon 151.927 im Alter von über 65 Jahren, behandelten.
Von 505 Stürzen, die mit einer Einnahme von Antihistaminika der ersten Generation in Verbindung gebracht werden konnten, zeigte sich, dass bei drei Viertel nicht von einem kausalen Zusammenhang ausgegangen werden könne. Bei knapp 95 Prozent der übrigen 123 Stürze gaben die Ärzte alternative Ursachen wie Grund- und Begleiterkrankungen an. Schlussendlich folgerten die Studienautoren, dass Antihistaminika keinen relevanten Anteil am Sturzgeschehen haben.
Die typischen Nebenwirkungen sind laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in erster Linie auf die anticholinergen, aber auch sedierenden Eigenschaften von Doxylamin zurückzuführen: Sedierung; Somnolenz; Schläfrigkeit; Benommenheit und Konzentrationsstörungen während des Folgetages, insbesondere nach unzureichender Schlafdauer; Schwindel; Muskelschwäche; Kopfschmerzen; Sehstörungen; trockener Hals; Mundtrockenheit; Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall); Magenschmerzen; Obstipation; Gastro-ösophagealer Reflux; Miktionsstörungen und Asthenie können als unerwünschte Arzneimittelwirkung auftreten.
Ältere Patienten wiesen häufig eine eingeschränkte Nieren- und Leberfunktion auf, was konsekutiv zu unerwünschten anticholinergen wie antihistaminischen Wirkungen führen könne. Nebenwirkungen könnten daher theoretisch Ursache für erhöhte Sturzraten bei älteren Patienten sein – entsprechende Datenbelege fehlten aber. Die Datenlage wurde im März als nicht ausreichend bewertet, um die Anwendung von Diphenhydramin und Doxylamin bei älteren Patienten der Verschreibungspflicht zu unterstellen.
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