Die Deutsche Hochdruckliga (DHL) zieht im Fall Valsartan Bilanz aus den vergangenen Monaten. In einem Rundumschlag werden die zuständigen Behörden und die Medien abgestraft.
„Blutdrucksenker in Verruf“, schreibt die DHL. Die Valsartan-Rückrufe hätten „zu einem nahhaltigen Vertrauensverlust der Patienten geführt“. Als die betroffenen Arzneimittel im Juli aufgrund einer produktionsbedingt angefallenen Verunreinigung zurückgerufen wurden, seien die Patienten „zu Recht stark verunsichert“ gewesen: „Weil allein zehn Tage zwischen der Bekanntmachung der Verunreinigung und der Veröffentlichung einer Liste der betroffenen Medikamente lagen.“
Kritik hagelt es auch für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. „Das BfArM informierte nur lückenhaft.“ Betroffene Patienten sollten sich an den Arzt oder die Apotheke wenden, wichtige Fragen seien von der Behörde nicht hinreichend beantwortet worden. Eine der Fragen, die das BfArM aus Sicht der DHL hätte beantworten müssen: „Muss der Arzt ein neues Rezept ausstellen oder tauscht die Apotheke einfach so das Medikament aus?“
Der Rückruf hätte aus Sicht der DHL „schneller, geordneter und transparenter“ sowie auf Patientenebene erfolgen müssen. Der Verein befürwortet das Novum im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV), das für die Versicherten künftig im Falle eines Arzneimittelrückrufes in Folge eines Qualitätsmangels die gesetzliche Zuzahlung entfällt. Dass der Bund künftig mehr Befugnisse bei Arzneimittelrückrufen erhält, hegt die Hoffnung auf eine schnellere und transparenter Durchführung als bei Valsartan.
Ein „großes Problem“ sieht die DHL, „dass durch die ‚Causa Valsartan‘ eine Assoziation zwischen Blutdrucksenkern und Krebsrisiko aufgemacht wurde.“ Der Wirkstoff ist per se nicht krebserregend, es handele sich um eine einmalige Verunreinigung. ein Zusammenhang zwischen Blutdrucksenker und Krebs habe sich jedoch in den Köpfen festgesetzt, auch weil zur selben Zeit ein Zusammenhang zwischen ACE-Hemmern und Lungenkrebs sowie Hydrochlorothiazid und weißem Hautkrebs kommuniziert wurde. Die oft verkürzte Wiedergabe der Studienergebnisse in den Medien nach dem Motto „Xyz ist krebserregend“ habe dazu geführt, dass Blutdruckmedikamente in Verruf geraten seien. Patienten ließen aus Angst vor Krebs die Medikamente einfach weg, ohne sich im Klaren zu sein, welche gesundheitlichen Folgen damit verbunden sind, mahnt die DHL. „Wenn aber die Berichterstattung bei Patienten zu fatalen Kurzschlussreaktionen führt, können wir das nicht gutheißen.“
„Oft wurde in Medienberichten aber versäumt, die Langzeitfolgen beziehungsweise das mögliche Krebsrisiko in Relation mit dem Risiko eines Therapieabbruchs zu setzen. Bei Absetzen der Blutdruckmedikamente ist das Risiko, binnen der nächsten fünf Jahre einen schweren Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu erleiden, um ein Vielfaches höher, als nach zehn Jahren an weißem Hautkrebs zu erkranken.“ Eine Assoziation mit Lungenkrebs als mögliche Spätfolge hält die DHL ohnehin für sehr unsicher und kritisiert einige methodische Mängel beziehungsweise Störgrößen der Studie. „Dennoch haben diese Daten die Patienten stark verunsichert.“
„Wichtig ist nun, auch die Notwendigkeit der Bluthochdrucktherapie und die nachgewiesene Wirksamkeit von Blutdrucksenkern in der Vermeidung von schweren Folgeerkrankungen breit zu kommunizieren“, erklärte Professor Dr. Bernhard K. Krämer, Vorstandsvorsitzender der DHL.
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