Infektionskrankheiten

HIV: Täglich 10 Neuinfektionen dpa, 25.11.2012 11:44 Uhr

Berlin - 

Rund 78.000 Menschen leben nach den jüngsten Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) inzwischen in Deutschland mit HIV/Aids. Täglich stecken sich dem Institut zufolge rund zehn Menschen neu mit HIV an. Damit ist die Zahl der Neuerkankungen in den vergangenen Jahren nicht gesunken. Sie steigt nach den bisherigen Beobachtungen eher wieder leicht an. Für das Jahr 2012 liege die geschätzte Zahl aller HIV-Neuinfektionen bei rund 3400 Menschen, sagte RKI-Experte Dr. Osamah Hamouda.

Die größte Zahl der Neuansteckungen ist Hamouda zufolge bei homosexuellen Männern zu verzeichnen. Keine dramatische Entwicklung, dennoch spürbar, vor allem bei jüngeren Schwulen. Auch Syphilis ist wieder auf dem Vormarsch, sie begünstigt HIV-Infektionen. Argumente wie „Ich habe mich ja kürzlich testen lassen“ oder „Wenn mein Partner positiv ist, wird er es mir ja schon sagen“, sind häufiger zu hören als früher.

Vor allem aber wird Prävention schwieriger, wenn immer häufiger von Therapieerfolgen die Rede ist. Die Zahl der Sexualkontakte unter schwulen Männern habe durch die besseren Lebensumstände in den vergangenen Jahren wieder zugenommen, berichtet der RKI-Forscher. Er fürchtet, dass sie die Krankheit weniger ernst nehmen als vor 20 Jahren – als jeder einen kannte, der an Aids starb. Und sie bleibt nicht in der schwulen Szene. Es gibt bisexuelle Männer, die Frauen gegenüber ihre Neigung verschweigen.

Die Risikobereitschaft führt dazu, dass die Epidemie nicht zu stoppen ist. Es infizieren sich immer noch mehr Menschen neu als therapiert werden – eine fatale Lücke. „Heute denkt man: Ich will das nicht unbedingt haben. Aber wenn es schief geht, gibt es noch die Therapie“, sagt Hamouda. Doch so einfach ist das nicht. Das Virus kann Resistenzen entwickeln, es lässt sich nicht komplett ausschalten. Wie ein Körper nach 40 Jahren Viruslast und Therapie reagiert, ist ungewiss.

Etwa 550 Menschen, schätzt das RKI, hat Aids 2012 das Leben gekostet. Rund 50.000 Patienten werden antiretroviral therapiert. Nicht alle leben automatisch gut damit. Es gibt Menschen, die sich viel zu spät oder gar nicht auf HIV testen lassen. Und es gibt auch noch den Kostenfaktor. Mit rund 20.000 Euro pro Jahr schlägt eine HIV-Behandlung im Moment pro Patient zu Buche.