Immunschwächekrankheit

HIV: Forscher entdecken Angriffsstelle

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Berlin -

Forschungen des Ragon-Instituts in Zusammenarbeit mit der Harvard Universität und dem Massachusetts Institute of Technology konnten neue Schlüsselfaktoren bei der Bekämpfung von HIV ermitteln: Die Forscher identifizierten anhand von 3D-Modellen Angriffspunkte auf der Oberfläche des Virus, an denen das Immunsystem erfolgreich angreifen kann. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Science“ veröffentlicht.

Die neuen Erkenntnisse basieren auf einer Studie mit zwei kleinen Gruppen: Menschen, deren Immunsystem die Ausbreitung von HIV viel besser kontrolliert als üblich. Eine Patientengruppe, die als „Viremic Controller" bezeichnet wird, ist in der Lage, das Virus für viele Jahre, manchmal Jahrzehnte, auf weniger als 2000 Exemplare pro Milliliter zu halten, ohne antiretrovirale Medikamente zu verwenden. Die „Elite-Controller" haben eine noch stärkere Immunkontrolle und können das Virus komplett unter der Nachweisgrenze halten. HIV breitet sich normalerweise schnell aus, infiziert und tötet Zellen des Immunsystems und macht die betroffene Person nach etwa zehn Jahren ohne antiretrovirale Behandlung zunehmend anfällig für Infektionen. Das Ragon-Institut hat in fünfzehn Jahren weltweiter Suche ungefähr 1800 Controller identifiziert.

Frühere Forschungen ermittelten spezifische Muster der humanen Leukozytenantigene (HLA). Dabei handelt es sich um genetisch basierte Marker auf der Oberfläche von Zellen, die die Funktion des Immunsystems regulieren. Diese wurden mit einem erhöhten Schutz vor HIV in Zusammenhang gebracht. Diese HLA-Marker erklärten jedoch nur etwa 20 Prozent des Gesamteffekts. Obwohl ein spezifischer HLA die Wahrscheinlichkeit erhöhte, dass eine Person das Virus kontrollieren konnte, half dies bei etwa einem Drittel der Patienten überhaupt nicht. Daher musste ein anderer Mechanismus an der Unterdrückung des HI-Virus beteiligt sein.

Bei der neuen Forschung untersuchte man die Teile des Virus, an die das Immunsystem angreift. Das Forscherteam von Ragon hat eine Datenbank mit dreidimensionalen Strukturen genutzt, um Informationen zu den Proteinen zu erhalten, aus denen HIV besteht. Mittels mathematischer Modellierung identifizierten sie Knoten, an denen eine Großzahl von Proteinen miteinander verbunden ist. Änderungen an diesen Verbindungen hatten gravierende Auswirkungen auf die Funktionsweise des Virus. An den Schlüsselpunkten des HI-Virus sind daher keine Mutationen möglich.

Anschließend untersuchte das Forscherteam, an welcher Stelle CD8-T-Zellen an das Virus angreifen. Es stellte sich heraus, dass die CD8-T-Zellen der meisten Menschen rein zufällige Treffer bei HIV landen und häufig Teile des Virus getroffen werden, die leicht mutieren können und so den Angriff abwehren. Die CD8-T-Zellen der Virus- und Elite-Controller konzentrierten ihren Angriff jedoch auf die Knotenpunkte, an denen das Virus am wenigsten mutieren kann. Die HLA-Struktur schien dabei keine Rolle zu spielen.

Im Labor entwickelten die Forscher HIV-Versionen, die an den Schlüsselknoten mutiert wurden. Sie versuchten Zelllinien auf die gleiche Weise zu infizieren, wie sich das Virus in einem Patienten ausbreiten würde. Die Mutationen beeinträchtigten jedoch signifikant die Fähigkeit des Virus, Zellen zu infizieren und sich zu vermehren. Als nächstes wird es darum gehen, einen Weg zu finden, die richtigen CD8-T-Zellen zu erzeugen und an die Schlüsselpunkte angreifen zu lassen. Das Ragon-Team hat bereits Arbeiten zur Entwicklung eines Impfstoffs auf der Grundlage dieser Prinzipien angekündigt, der zunächst als Behandlungsmethode und nicht als Präventionsmethode eingesetzt werden soll.

Ein anderer Behandlungsansatz zeigte sich in der Vergangenheit bei Patienten, die eine Knochenmarkspende erhalten hatten. Das erste Mal war dies 2007 in Berlin erfolgreich gewesen, auch in diesem Jahr wurden einzelne Fälle bekannt. Die Patienten hatten aufgrund einer Krebserkrankung die Stammzellspende erhalten. Nach dem riskanten Eingriff waren sie ebenfalls frei vom HIV-Virus. Von einer Aids-Heilung wollten die Ärzte aber noch nicht sprechen.

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