Irreversible Folgen

Hitze kann Nieren nachhaltig schädigen Sandra Piontek, 03.08.2024 08:32 Uhr

Hitze kann die Nieren nachhaltig schädigen. Foto: staras-adobestock.com
Berlin - 

Die sommerliche Hitze kann die Nieren nachhaltig schädigen. Diese Schäden können über Jahre unbemerkt bleiben und sind oft nicht mehr rückgängig zu machen. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) rät deswegen dringend, das Organ bei heißem Wetter zu schützen. Auch junge gesunde Menschen sollten die Tipps der DGfN beachten.

Die Temperaturen im Sommer werden von Jahr zu Jahr extremer. Die Zahl der Tage, an denen eine Lufttemperatur von mindestens 30 Grad Celsius herrscht, hat sich seit den 1950er Jahren laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) in Deutschland verdreifacht. Es fand demnach ein deutlicher Anstieg von ausgeprägten Hitzeperioden statt.

Anhaltend hohe Temperaturen können negative Auswirkungen auf den menschlichen Organismus haben. Dabei steigt das Risiko für Folgeschäden vor allem dann, wenn es zu einer Kombination aus Hitzestress, Dehydrierung und Überanstrengung kommt. „Das Trio aus Hitzestress, Dehydrierung und körperliche Überanstrengung ist für die Nieren besonders gefährlich“, so Dr. Julia Weinmann-Menke, Sprecherin der DGfN und Leiterin der Klinik für Nephrologie, Rheumatologie und Nierentransplantation (NTX) am Universitätsklinikum Mainz. „Denn es kann wichtige Strukturen der Nieren schädigen.“ Es können narbige Veränderung des Entgiftungsorgans auftreten, und in schweren Fällen ein irreversibler Funktionsverlust die Folge sein. „Die Betroffenen benötigen dann mehrmals wöchentlich eine Dialyse“, so die Expertin.

Urin hochkonzentriert

Der Grund: Bei anhaltend hohen Temperaturen kann es vermehrt zu schädlichen Stoffwechselprodukten in den Nieren kommen. Dies sei eine Folge von stressbedingtem Zerfall von Muskelfasern, auch Rhabdomyolyse genannt, so Weinmann-Menke. Die Ausscheidungsorgane werden schlechter durchblutet, was wiederum das Absterben von Zellen zur Folge hat. Der so entstehende oxidative Stress fördert Entzündungen und weitere Gewebeschäden. Wird zusätzlich noch zu wenig getrunken, wird der Urin durch hochkonzentriert. Die Folge: Es kann es zu vermehrter Bildung von Nierensteinen kommen. Parallel dazu kann auch die Anfälligkeit für Harnwegsinfekte steigen.

Zur Risikogruppe gehören Diabetiker:innen, Menschen mit Bluthochdruck und Herzschwäche oder einer chronischen Nierenkrankheit. Aber auch Ältere und stark Übergewichtige. sowie Kinder zählen zur vulnerablen Gruppe. „Aber auch junge Menschen sollten aufpassen, etwa, wenn sie Sport treiben oder draußen arbeiten“, appelliert Weinmann-Menke. Es sei wichtig, auf „die Signale des Körpers zu achten, wie Durst, Schwindel, Kopfschmerzen oder Herzrasen“, betont sie. „Andere schädliche Umwelteinflüsse im Zusammenhang mit dem Klimawandel wie Feinstaub und Umweltgifte können den Hitzeeffekt verstärken, weil sie die Nieren schwächen“. Deshalb sei an heißen Tagen mit Smog oder Staubstürmen besondere Vorsicht geboten, so die Expertin.

Nieren besser schützen

„Wir müssen lernen, unsere Nieren während Hitzewellen bewusst zu schützen“, so Weinmann-Menke. Denn: „Die Veränderungen der Niere spürt man zunächst nicht. Man ist nicht von einem auf den anderen Tag krank. Es gibt verschiedene Stadien und Übergänge.“ Ihr Tipp: Grundsätzlich 1,5 – 2,0 Liter Flüssigkeit am Tag zu trinken. Bei Hitze entsprechend mehr.

Der Handlungsbedarf ist offensichtlich: „Pro einem Grad Temperaturanstieg rechnet man mit einer um 1 Prozent höheren Rate an Nierenkrankheiten“, so Dr. Nicole Helmbold, Generalsekretärin der DGfN. „Die Bevölkerung muss darüber aufgeklärt und geschützt werden.“ Deshalb sei es erforderlich, die Auswirkungen von Hitzeperioden auf die Nieren weiter zu erforschen. „Beides könnte auch Aufgabe eines Deutschen Zentrums für Nierengesundheit sein, für dessen Gründung wir uns einsetzen“.