Sehen im Infrarotbereich

Hilfe für Blinde: Gold in der Netzhaut

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Berlin -

In Deutschland leben rund 155.000 Blinde. Mehr als eine halbe Million Menschen sind sehbehindert – haben also auf dem besser sehenden Auge trotz Brille & Co. nicht mehr als 30 Prozent Sehleistung. Immer wieder versuchen Wissenschaftler, mit neuen Ansätzen Blinden das Sehen zu ermöglichen. Ein neuer Therapieansatz setzt auf Gold.

Mit Hilfe von feinen Nano-Goldstäbchen wollen Wissenschaftler Blinden zu einem Sehempfindung verhelfen. Die Edelmetall-Stäbchen sollen die Wärmestrahlung im nahen Infrarotbereich auffangen. Durch einen Membrankanal, der die Wärme in ein Nervensignal umsetzt, und einen Antikörper, der die beiden Komponenten in den Sinneszellen verbindet, könnten erblindete Menschen in Zukunft einen Teil des Augenlichtes wiedererlangen.

Laut einer Publikation im Fachjournal „Science“ funktionierte die innovative Methode bei Mäusen sowie in einem Laborexperiment an menschlichen Zellen. Als Idee für den Ansatz dienten spezielle Reptilien. Boas, Pythons und Grubenottern erkennen ihre Beute an der ausgestrahlten Wärme. Dahinter steckt folgender Mechanismus: Sogenannte TRP-Kanäle („transient receptor potential“) liegen unterhalb des Auges und reagieren auf Wellenlängen im Bereich von 1 bis 30 µm. Sie reizen dort spezielle Nervenzellen, die die Information an das Gehirn weiterleiten. Die Tiere wissen dann, dass ein Lebewesen vor ihnen steht.

Der Mensch kann nicht im Infrarotbereich sehen. Er kann Wärme nicht in Bilder umsetzen, da er kein derartiges Organ besitzt. Im menschlichen Organismus sind beispielsweise die Nervenzellen der Haut in der Lage, Wärmereize in Nervensignale zu verwandeln. Ein internationales Forscherteam um vom Institut für Molekulare und Klinische Ophthalmologie in Basel hat jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem die Sinneszellen in den Augen in die Lage versetzt werden sollen, Wärmesignale wahrzunehmen.

Damit die Sinneszellen fähig werden, Strahlung in Bilder umzuwandeln, müssen sie mit drei neuen Komponenten ausgestattet werden. Zunächst müssten laut den Forschern kleine Nano-Goldstäbchen, die Infrarotstrahlen einer bestimmten Wellenlänge absorbieren und sich dabei erwärmen, eingebracht werden. Die Wärme kann dann an die zweite benötigte Komponente weitergeleitet werden – die TRP-Kanäle. Diese öffnen sich auf den Wärmereiz hin und lösen ein Nervensignal aus. Das Signal wird über den Sehnerven weitergeleitet und in der Sehrinde des Gehirns als Licht wahrgenommen. Damit es zu einer Wärmeweiterleitung kommt, müssen die Goldstäbchen mit den Kanälen über einen Antikörper verbunden werden. Die Goldpartikel und die Art der Vernetzung mit den anderen Kompartimenten wurden per Gentherapie in die Netzhaut injiziert.

Nah-Infrarot

Als nahes Infrarot oder Nahinfrarot (NIR) wird der Bereich des elektromagnetischen Spektrums bezeichnet, der sich in Richtung größerer Wellenlänge an das sichtbare Licht anschließt. Dieser Bereich des Infrarotlichts erstreckt sich von 780 nm bis 3 µm und umfasst somit die Spektralbereiche IR-A und IR-B. In der Medizin findet der Bereich von ungefähr 700 bis 1100 nm Anwendung in der Ophthalmologie. Nah-Infrarot kann zu diagnostischen Zwecken (Optische Kohärenztomografie) und in der Chirurgie (Anschweißen der Netzhaut) eingesetzt werden. Die Wellenlänge bestimmt die Eindringtiefe der Strahlung.

In Ländern wie Dänemark, Finnland, Großbritannien, Irland, Island, Italien und den Niederlanden wird die Zahl blinder und sehbehinderter Menschen erfasst. In den Jahren 1990 bis 2002 ist ein Anstieg um 80 Prozent verzeichnet worden. Ähnliches vermuten Mediziner auch für Deutschland. Hier wird die Anzahl der Blinden und Sehbehinderten nur geschätzt.

 

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