Bye bye Prick-Test

Heuschnupfen mittels Nasenabstrich bestimmen Alexandra Negt, 08.06.2020 14:59 Uhr

Allergiebestimmung mittels Nasenabstrich, das könnte in Zukunft möglich sein. Der Prick-Test würde damit entfallen. Foto: Dusan Petkovic/shutterstock.com
Berlin - 

Für Heuschnupfen-Geplagte scheint es innerhalb der Allergiediagnostik einen Lichtblick zu geben. Per Nasenabstrich könnten in Zukunft – ganz ohne Lanzette und störende Quaddelbildung – Allergien gegen Birke, Gräser & Co. nachgewiesen werden. Forscher fanden heraus, dass auch im Nasensekret spezifische IgE nachweisbar sind.

Heuschnupfen ist in Europa weit verbreitet. Bis zu 40 Prozent der Menschen leiden unter einer allergischen Rhinitis. Für die Bestimmung der genauen Allergie war bisher ein Blut- oder Prick-Test notwendig. Kinder scheuen sich vor der Untersuchung, doch besonders bei ihnen ist die frühzeitige Bestimmung der allergieauslösenden Substanzen besonders wichtig. Denn bei ihnen kann es schnell zu einem Etagenwechsel kommen, dann sind nicht nur die Nase, sondern auch die Bronchien betroffen – die Entwicklung von Asthma ist möglich.

Für eine erleichterte Diagnostik untersuchten Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München alternative Methoden zur Bestimmung der Allergie. Insbesondere für Kinder wollten sie ein Verfahren entwickeln, welches ohne Blutentnahme oder Lanzetten auskommt. Ein erster Ansatz war die Überprüfung von Nasensekret auf IgE-Antikörper. Aus früheren Studien war den Forschern bereits bekannt, dass einzelne Aeroallergene in der Nase nachgewiesen werden konnten.

Die Münchner Wissenschaftler nutzten für ihre Forschung eine neuartige Biochip-Technologie, die ursprünglich für die Analyse von winzigen Blutproben entwickelt wurde. Bei der Verwendung des Biochips können mit nur kleinsten Blutmengen Antikörper von 112 verschiedenen Allergenen gleichzeitig bestimmt werden. Um herauszufinden, ob dies auch bei Nasensekret funktioniert haben sie die Methode an 47 Probanden mit Heuschnupfen getestet. Sie alle litten unter einer bekannten Sensibilisierung auf Birken-, Haselnuss-, Erlen- oder Gräserpollen sowie auf Hausstaubmilben. Für einen Vergleich wurden ebenfalls zwei Kontrollpersonen getestet. Das Ergebnis: Die Forscher erreichten gleiche Werte wie mit einem Bluttest. Sie maßen die Konzentration der Allergie-Antikörper vom Typ Immunglobulin-E jeweils im Blut und im Abstrich des Nasensekrets. Beide Varianten zeigten mit dem gleichen Test eine signifikante positive Korrelation. Insbesondere für Kleinkinder, so schlussfolgerten die Forscher, sei der schmerzfreie Nasenabstrich eine gute Alternative zum Prick-Test.

Prick-Test

Unter dem Prick-Test versteht man eine diagnostische Methode zum Nachweis allergischer Sofortreaktionen, also von allergischen Reaktionen des Typs I. Hierbei werden standardisierte Allergenlösungen auf die Innenseite des Unterarms aufgetropft. Durch einen Stich mit einer Lanzette kann die Flüssigkeit durch die Epidermis in die Cutis gelangen. Wichtig ist, dass die Lanzette bei jedem Allergen gewechselt wird, um Durchmischungen zu vermeiden. Nach ungefähr 15 Minuten können Hautreaktionen gemessen werden. Symptome wie Rötung, Juckreiz und Quaddelbildung, die innerhalb von fünf bis 60 Minuten nach dem Stich auftreten, deuten auf eine Allergie hin. Die Diagnose sollte zusammen mit weiteren anamnestischen Angaben des Patienten gestellt werden.

Desensibilisierung

Die Desensibilisierung ist derzeit die einzige Therapie, bei der die Ursache der Allergie behandelt wird – eine Überreaktion des Immunsystems auf bestimmte Allergene. Es handelt sich um eine antigenspezifische Therapie, die bei IgE-vermittelten Typ-I-Allergien zum Einsatz kommen kann: Vor allem bei Heuschnupfen oder allergischem Asthma sowie Allergien gegen Hausstaubmilben oder Tierhaare wird sie angewendet.

Eine Desensibilisierung wird häufig auch als spezifische Immuntherapie (SIT) oder Hyposensibilisierung bezeichnet: Über einen Zeitraum von ein bis drei Jahren kann ein individueller Allergenextrakt verabreicht werden. Der Arzt ermittelt per Allergietest, welche Stoffe in der Desensibilisierung enthalten sein sollen, und rezeptiert diese. Durch die regelmäßige Konfrontation des Immunsystems mit sehr niedrigen Dosen soll sich das Abwehrsystem allmählich an die Allergene gewöhnen und nicht mehr so stark auf sie reagieren: Die überschießende Reaktion des Immunsystems soll verhindert und Allergiesymptome sollen langfristig gelindert oder bekämpft werden.