Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit eine der häufigsten Todesursachen. Medikamente zur Sekundärprävention senken das Risiko erneuter Herzinfarkte oder Schlaganfälle erheblich – doch werden sie überall gleich genutzt? Eine internationale Studie zeigt, dass ihr Einsatz in vielen Ländern unzureichend ist und teils sogar zurückgeht. Der Vorschlag des Forschungsteams: Der Einsatz von Kombinationspräparaten.
Um den weltweiten Einsatz von Medikamenten zur Sekundärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu untersuchen, analysierten Forschende Daten aus 17 Ländern mit unterschiedlichem Einkommensniveau. Sie werteten die Medikamentennutzung von rund 12.000 Patient:innen mit diagnostizierter Herz-Kreislauf-Erkrankung über einen Zeitraum von zwölf Jahren aus. Zu den betrachteten Medikamenten gehörten unter anderem Thrombozytenaggregationshemmer, Statine, Renin-Angiotensin-System (RAS)-Inhibitoren und Betablocker. Die zentrale Frage war, ob und in welchem Maße sich die Medikamentennutzung über die Jahre verbessert hat – insbesondere in Ländern mit begrenzten Gesundheitsressourcen.
Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede zwischen den Ländergruppen. In Hochlohnländern wie Kanada und Schweden sank die Nutzung von mindestens einer Medikamentenklasse von 88,8 Prozent auf 77,3 Prozent. In Ländern mit mittlerem Einkommen gab es hingegen teilweise leichte Verbesserungen: In oberen mittleren Einkommensländern wie Argentinien, Brasilien, Chile, Malaysia, Polen, Südafrika und der Türkei stieg die Nutzung von 55 Prozent auf rund 61 Prozent.
In unteren mittleren Einkommensländern wie China, Kolumbien und Iran hingegen fiel sie hingegen drastisch von 29,5 Prozent auf knapp 13 Prozent. Als besonders besorgniserregend bewerteten die Wissenschaftler:innen die Entwicklung in Niedriglohnländern wie Bangladesch, Indien, Pakistan und Simbabwe: Hier stieg die Medikamentennutzung zunächst von 20,8 Prozent auf 47,3 Prozent, fiel bis zum Studienende aber wieder auf 27,5 Prozent zurück.
Weltweit betrachtet war der Ausgangswert der Medikamentennutzung bereits gering: Zu Beginn der Studie nahmen nur 41,3 Prozent der Patienten mit einer bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankung mindestens eine Klasse der empfohlenen Medikamente ein. Zwar gab es zwischenzeitlich einen leichten Anstieg auf knapp 43 Prozent, doch am Ende der Studienlaufzeit lag dieser Wert noch knapp über 30 Prozent.
Diese Ergebnisse stehen in klarem Gegensatz zu den internationalen Gesundheitszielen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Vereinten Nationen (UN), wie die Wissenschaftler:innen betonen. Die WHO hatte sich zum Ziel gesetzt, die Sterblichkeit durch nichtübertragbare Krankheiten, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erheblich zu reduzieren und mindestens 50 Prozent der betroffenen Patienten mit evidenzbasierten Medikamenten zu versorgen.
Die Forschenden kommen aufgrund ihrer Ergebnisse zu dem Schluss, dass neue Strategien erforderlich sind, um den Zugang zu essenziellen Medikamenten für Herz-Kreislauf-Patienten zu verbessern. Dazu empfehlen sie unter anderem die verstärkte Nutzung von Kombinationstabletten, die mehrere Wirkstoffe in einer einzigen Tablette enthalten und damit die Einnahme erleichtern. Ebenso könnte eine stärkere Einbindung von nichtärztlichem Gesundheitspersonal helfen, die Verschreibung und Verfügbarkeit dieser Medikamente insbesondere in ressourcenarmen Regionen zu erhöhen.
Die Studie mit dem Titel „Secondary Prevention Medications in 17 Countries Grouped by Income Level“ wurde von einem internationalen Forscherteam unter der Leitung der McMaster University in Kanada durchgeführt. Beteiligt waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Brasilien, Indien, Polen, Pakistan, dem Iran, der Türkei, Südafrika, China, Chile, Simbabwe und Malaysia.