Ein neu entwickeltes „Herzpflaster“ aus Stammzellen könnte eine vielversprechende Therapie bei Herzinsuffizienz darstellen. Nach erfolgreichen Tierversuchen wurde es nun erstmals an einem Menschen in Göttingen getestet. Bislang haben 15 Patient:innen das Pflaster erhalten, insgesamt sind 53 Proband:innen geplant. Zukünftig könnte diese Technik auch bei anderen Erkrankungen wie Parkinson oder Typ-1-Diabetes eingesetzt werden.
In Deutschland sind rund zwei Millionen Menschen von Herzinsuffizienz betroffen, und etwa 200.000 könnten von einer neu entwickelten Therapie profitieren. Diese basiert auf einer Art „Herzpflaster“, das aus im Labor gezüchtetem Herzmuskelgewebe besteht. Entwickelt wurde es von einem Team um Wolfram-Hubertus Zimmermann von der Uniklinik Göttingen, das auch in Zusammenarbeit mit der Uniklinik Schleswig-Holstein in Lübeck forschte.
Das Pflaster wird aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) hergestellt, die aus Körperzellen gewonnen und in das Stammzell-Stadium überführt werden. Daraus wird Herzmuskelgewebe gezüchtet, das sowohl Herzmuskelzellen als auch Bindegewebszellen enthält. Dieses Gewebe wird auf den geschwächten Herzmuskel aufgebracht, um die Pumpleistung des Herzens dauerhaft zu steigern. Laut Zimmermann dauert die Herstellung des Pflasters etwa drei Monate.
Erste Tierversuche an Ratten und Rhesusaffen zeigten, dass die Implantate die Herzfunktion verbessern konnten. „Wir konnten im Tiermodell zeigen, dass die Implantation von „Herzpflastern“ zum dauerhaften Aufbau des Herzmuskels bei Herzinsuffizienz geeignet ist“, erklärte Zimmermann. Nach positiven Ergebnissen in Tierversuchen genehmigte das Paul-Ehrlich-Institut den ersten menschlichen Test.
Im Fachmagazin „Nature“ wurde ein Fall beschrieben: Eine 46-jährige Patientin, die 2016 einen Herzinfarkt erlitten hatte und an einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz litt, erhielt 2021 das „Herzpflaster“ mit 400 Millionen Herzzellen. Drei Monate später, nach einer Herztransplantation, wurde das entnommene Herz mit dem Implantat untersucht. Dabei zeigte sich eine Verbesserung der Pumpleistung der linken Herzkammer von 35 Prozent auf 39 Prozent. Zimmermann sagte, dies belege, dass „Herzmuskelreparatur durch Herzmuskelwiederaufbau auch im Menschen möglich ist.“ Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurde die Dosis des Pflasters auf 800 Millionen Herzzellen erhöht.
Die klinische Studie wurde inzwischen ausgedehnt, und bereits 15 Patient:innen haben das Implantat erhalten. Insgesamt sind 53 Teilnehmende vorgesehen. Erste klinische Daten werden für Ende 2025 erwartet. Das Pflaster soll vor allem für Patient:innen eingesetzt werden, die auf ein Herztransplantat warten. Zimmermann schließt jedoch nicht aus, dass es eine dauerhafte Lösung darstellen könnte. „Hinweise auf größere Nebenwirkungen oder ein erhöhtes Tumorrisiko gibt es nicht“, so Zimmermann.
Zur Herstellung der iPS-Zellen werden Körperzellen genutzt, die nicht von den Patient:innen selbst stammen, da dies zu aufwendig wäre. Auch die Nutzung eigener Zellen kann zu Abstoßungsreaktionen führen, wie Versuche an Affen zeigten.
Mit der Therapie könnte künftig eine breitere Anwendung möglich sein: „Stammzell-basierte Therapien könnten auch bei anderen Erkrankungen wie Parkinson, Typ-1-Diabetes oder Netzhauterkrankungen helfen“, so die Forschenden.