50 Mal greift jeder Deutsche im Durchschnitt pro Jahr zu einem Schmerzmittel: Davon entfallen laut Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) 21 Anwendungen auf ärztliche Verordnungen und 29 auf die Selbstmedikation. Weil der Konsum seit Jahren weitgehend konstant geblieben ist und in Deutschland deutlich niedriger als in anderen Ländern liegt, waren die Hersteller gegen eine Begrenzung der Packungsgrößen für Schmerzmittel ohne Rezept. Nach der gestrigen Abstimmung im Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht wappnen sie sich jetzt für die Kleinpackungen.
Bei Bayer sieht man den Beschluss als „faktisch unbegründet“. Eine Konzernsprecherin verwies auf Nachfrage auf die Produktinformationen, in denen bereits auf die maximale Anwendungsdauer hingewiesen werde. Da Aspirin aber vor allem als 20er-Packung verkauft wird, hofft man in Leverkusen auf wenig Änderungen in der Absatzstruktur. Wegfallende 40er-, 50er- und 100er-Packungen könnten durch den verstärkten Abverkauf kleinerer Packungen ausgeglichen werden.
Bei Aktren (Ibuprofen) und Aleve (Naproxen) wird es die 20er-Packungen nicht mehr geben. Ob anstelle der 10er-Packung die Höchstmenge von 12 Stück durch eine Umstellung ausreizt wird, sei noch nicht abschließend geklärt, so die Sprecherin.
Bei Togal sieht man die Umstellung als „Katastrophe“. Denn der Hauptumsatz werde mit den größeren Packungen gemacht. Bei Togal classic duo würden die 28er und 30er Packung wegfallen. Die Ibuprofen-und Naproxen-haltigen Varianten könnten ebenfalls nicht mehr in der 20er Packung angeboten werden.
Entspannter sieht man die Entscheidung bei Dr. Kade: Denn die Selbstmedikation sei von untergeordneter Bedeutung. Nur Ibu-KD sei betroffen; hier sehe man aber kein Problem.
Bei der Sanofi-Tochter Winthrop stellt man das Patientenwohl in den Vordergrund. Zwar müsse der Generikahersteller bei seiner breiten Produktpalette an OTC-Schmerzmitteln durchaus einige Änderungen in Kauf nehmen. Allerdings könne nur die Behörde entscheiden, ob dieser Schritt notwendig sei oder nicht, so eine Sprecherin. Nur dort liefen alle Informationen zusammen. Wenn die Sicherheitslage eine Beschränkung erfordere, stelle man sich nicht dagegen. Vorbereitungen seien allerdings noch nicht getroffen worden. Bei Winthrop hofft man, dass es eine längere Umstellungsperiode geben wird.
Ähnlich sieht es McNeil/Johnson & Johnson: Hier wäre die Dachmarke Dolormin betroffen. Stimmen Bundesgesundheitsministerium und Bundesrat zu, werden die Packungsgrößen entsprechend angeglichen. Allerdings werde zunächst die finale Gesetzgebung abgewartet.
Der Generikahersteller Teva/Ratiopharm ist der Auffassung, dass ein Hinweistext „Maximale Anwendung ohne ärztliche Beratung vier Tage“ auf der Packung sehr viel geeigneter wäre als die Begrenzung der Packungsgröße. Denn die Arzneimittel seien teilweise seit Jahrzehnten im Markt und bei bestimmungsgemäßer Anwendung sicher und wirksam.
Bei Hexal will man, ebenso wie beim Nurofen-Hersteller Reckitt Benckiser, inhaltlich keine Stellung nehmen. Man sei aber vorbereitet und stelle sich auf die Neuerungen ein, heißt es aus Holzkirchen. Auch bei Stada laufen die Vorbereitungen. Den Beschluss des Sachverständigenausschusses habe man zur Kenntnis genommen; ansonsten teile man die Einschätzung des BAH.
Der Verband der OTC-Hersteller hatte die Begrenzung der Packungsgrößen als „weder sachlich geboten noch zielführend“ abgelehnt. Studien zeigten, dass deutsche Verbraucher „sehr verantwortungsvoll“ mit Schmerzmitteln umgingen. Der Pro-Kop-Konsum sei im internationalen Vergleich äußerst niedrig; die Produkte seien seit Jahrzehnten zugelassen, wirksam und sicher. Risiken hätten alle Arzneimittel; in Zweifelsfällen könne sich der Patient an seinen Apotheker wenden.
Das Bundesgesundheitsministerium muss nun über die vorgeschlagenen Höchstmengen entscheiden. „Wir werden die Empfehlung gründlich prüfen“, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin.
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