Depressive Störungen erhöhen das Risiko für Herpes zoster und dessen Folgekomplikationen. Eine retrospektive Kohortenstudie zeigt, dass Betroffene in allen Altersgruppen häufiger erkranken. Besonders stark betroffen sind jüngere Erwachsene zwischen 18 und 49 Jahren.
Aktuelle Studiendaten zeigen, dass depressive Störungen einen signifikanten Risikofaktor für Herpes zoster darstellen. Eine retrospektive Kohortenstudie, basierend auf Barmer-Daten von 2012 bis 2021 liefert neue Erkenntnisse zu diesem Zusammenhang. Die Studie untersuchte das Risiko für Herpes zoster bei Patienten mit depressiven Störungen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe und berücksichtigte Faktoren wie den Schweregrad und die Art der Depression.
Die Ergebnisse zeigen, dass das Risiko für Herpes zoster bei Menschen mit depressiven Störungen um insgesamt 16 Prozent gesteigert ist. Dies gilt für alle Altersgruppen, wobei das Risiko in der jüngeren Altersgruppe zwischen 18 und 49 Jahre mit 24 Prozent am höchsten war, gefolgt von 21 Prozent in der Gruppe der 50–59-Jährigen und 12 Prozent in der Gruppe ab 60 Jahren. Ein bemerkenswerter Befund ist, dass der altersbedingte Anstieg der Herpes zoster-Inzidenz in der Kontrollgruppe den Einfluss der Depression auf das Risiko im höheren Alter relativiert.
Darüber hinaus wurde das Risiko einer Post-Zoster-Neuralgie bei Personen mit depressiven Störungen untersucht. Auch hier war das Risiko über alle Altersgruppen hinweg um 16 Prozent erhöht, wobei die höchste Zunahme mit 35 Prozent in der Gruppe der 18–49-Jährigen zu beobachten war, gefolgt von 26 Prozent bei den 50–59-Jährigen und 14 Prozent bei den über 60-Jährigen. Zudem hatten Menschen mit depressiven Störungen ein um 22 Prozent erhöhtes Risiko für ein Herpes zoster-Rezidiv. Auch hier zeigte sich in der jüngeren Altersgruppe mit 33 Prozent der stärkste Anstieg, während der Anstieg in der Gruppe der 50–59-Jährigen bei 27 Prozent und ab 60 Jahren bei 16 Prozent lag.
Die Studienergebnisse lassen darauf schließen, dass depressive Störungen in verschiedenen Altersgruppen signifikant mit einem höheren Risiko für Herpes zoster, Post-Zoster-Neuralgie und Herpes zoster-Rezidive verbunden sind.
Die genauen Mechanismen, die zu diesem erhöhten Risiko führen, sind noch nicht vollständig verstanden. Es wird jedoch vermutet, dass die durch depressive Störungen bedingte Veränderung oder Schwächung der Immunantwort das Risiko für Infektionen, wie Herpes zoster, erhöht. Studien haben gezeigt, dass schwere depressive Störungen die VZV-spezifische zellvermittelte Immunität schwächen, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für das Varizella-Zoster-Virus führt. Weitere klinische Symptome von Depressionen, wie Antriebslosigkeit, Entscheidungsschwierigkeiten und Hoffnungslosigkeit, können zudem die Impfbereitschaft beeinträchtigen, was die Prävention von Herpes zoster erschwert. Die Impfentscheidung kann jedoch durch ärztliche Aufklärung positiv beeinflusst werden.
Da über 95 Prozent der Personen ab 60 Jahren in Deutschland das Varizella-Zoster-Virus in sich tragen, stellt eine Reaktivierung des Virus eine erhebliche Gefahr dar. Besonders Menschen mit chronischen Erkrankungen, einer eingeschränkten Immunantwort oder ältere Personen sind einem höheren Risiko ausgesetzt, schwere Infektionen zu erleiden. Depressionen zählen zu den chronischen Erkrankungen, die das Risiko für Herpes zoster um bis zu 30 Prozent erhöhen können.
In Bezug auf Präventionsmöglichkeiten empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) die Indikationsimpfung gegen Herpes zoster für Menschen mit chronischen Erkrankungen ab 50 Jahren. Dabei sollten depressive Störungen als relevanter Risikofaktor stärker in die Impfempfehlungen einbezogen werden. Psychische Erkrankungen müssen als Risikofaktor für impfpräventable Erkrankungen anerkannt und in die Impfaufklärung integriert werden, um das Risiko von Herpes zoster und seinen Folgekomplikationen zu verringern.