Die Ursachen einer Leberentzündung können vielfältig sein. Es gibt fünf infektiöse Formen von Hepatitis. Darunter auch die Hepatitis D. Hierbei wird die Erkrankung durch ein RNA Virus ausgelöst, welches zur Replikation das Hepatitis B Virus benötigt. Nun wurde erstmal eine Therapie gegen diese Unterform zugelassen. Hepcludex enthält den Wirkstoff Bulevirtide. Die Wirkung des Medikamentes tritt über eine Blockade des NTCP-Rezeptors. Die laufende Phase-III wird Aufschluss über mögliche Nebenwirkungen geben.
Hepatitis D kommt nur zusammen mit Hepatitis B vor. In Kombination kommt es schneller zu Leberzirrhose. Auch das Risiko für Leberkrebs steigt. Erst vor 25 Jahren wurde der Mechanismus entdeckt, mit dem das Hepatitis-B-Virus an die Leberzelle andockt. Für den Eintritt in die Zelle ist ein Peptid entscheidend. Dieses war die Basis für Hepcludex. Der Wirkstoff Bulevirtide ist der erste Vertreter der sogenannten „Entry Inhibitoren“. Er hindert Hepatitis D- und auch B-Viren am Eindringen in die Zellen. Entwickelt wurde der Virusblocker von Forschern des Universitätsklinikums (UKHD) und der Medizinischen Fakultät Heidelberg gemeinsam mit dem Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und weiteren Partnern.
Der Wirkmechanismus folgt dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Die Hepatitis D- und B-Viren vermehren sich nur in der Leber. Nur hier auf den Leberzellen befindet sich der Gallensalztransporter NTCP – dieser Rezeptor stellt das „Schloss“ dar. Hepcludex besetzt NTCP und blockiert es. Das Medikament zeigt auch nach einer Infektion Wirkung, da das Virus an der weiteren Replikation gehindert wird. Ein Befall weiterer gesunder Leberzellen kann nicht erfolgen, das Virus „stirbt“ ab. Da bereits infizierte Zellen irgendwann dem natürlichen Zelltod unterliegen, oder durch das Immunsystem eliminiert werden, ist das Virus irgendwann nicht mehr nachweisbar – der Patient gilt als geheilt.
Die gute Verträglichkeit wurde in mehreren klinischen Phase-I- und Phase-II- Studien gezeigt. Die effiziente Hemmung der Vermehrung der Viren konnte nachgewiesen werden. Aktuell läuft eine Phase III-Studie für die Beurteilung der Langzeitwirkung. Hier werden die Ergebnisse 2025 erwartet. Mit Hilfe diesen Langzeitergebnisse werden Wirkungen und Nebenwirkungen besser einzuschätzen sein. Bisher gehören zu den häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen Reaktionen an der Injektionsstelle, eine Exazerbation der Hepatitis nach Absetzen der Behandlung sowie ein Anstieg der Gallensalz-Spiegels.
Da Bulevirtide auch den Eintritt von Hepatitis-B-Viren unterbindet, könnte das Präparat auch bei dieser infektiösen Form eingesetzt werden. In Kombination mit dem Immunmodulator Interferon alpha laufen hierzu Untersuchungen. Die ersten Ergebnisse seien positiv, so die Forscher des DZIF. Nach 48 Wochen sei die Viruslast stark reduziert gewesen. Nun soll untersucht werden, ob Patienten ohne Hepatitis-D-Co-Infektion mit Hepcludex geheilt werden können.
Finanziell gefördert wurde die Entwicklung anfänglich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 2,4 Millionen für die präklinische Entwicklung. „Wir freuen uns sehr über diesen Erfolg, der auf jahrzehntelanger virologischer Forschung in Heidelberg basiert“, sagt Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich, Zentrumssprecher des Zentrums für Infektiologie am UKHD und Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). „Die Entwicklung des Wirkstoffs erfolgte in enger Zusammenarbeit von Wissenschaft, öffentlicher Förderung und einem Biotech-Unternehmen und ist damit ein Musterbeispiel für eine erfolgreiche Translation vom Labor in die klinische Anwendung.“
Bisher gibt es nur Impfstoffe gegen Hepatitis A und B. Häufig werden sie als Kombinationsimpfstoff gegeben (Twinrix). Aber auch eine Monoimpfung ist möglich (Engerix-B gegen Hepatitis B, Havrix und Avaxim gegen Hepatitis A). Eine Impfung gegen Hepatitis A wird von der Ständigen Impfkomission (STIKO) nur für gefährdete Patienten empfohlen. Hierzu zählen folgende Personengruppen: Personen mit Lebererkrankungen, Personen mit einem Sexualverhalten mit hoher Infektionsgefährdung, Personen mit häufiger Übertragung von Blutbestandteilen (Hämophilie-Patienten), Bewohner von psychiatrischen Einrichtungen sowie Reisende in Regionen mit hoher Prävalenz. Eine Impfung gegen Hepatitis B wird die Impfung für alle Säuglinge seit Jahren empfohlen. Der Hintergrund ist, dass sich bei einer Infektion im Säuglings- und Kleinkindalter in bis zu 90 Prozent der Fälle ein chronischer Verlauf entwickelt. Bei einer Erkrankung im Erwachsenenalter liegt die Wahrscheinlichkeit bei 10 Prozent. Erwachsenen wird eine Impfung ebenfalls nur empfohlen, wenn sie einer Risikogruppe angehören.
APOTHEKE ADHOC Debatte