HCT/Spironolacton: Warnung vor akuter Atemwegstoxizität Cynthia Möthrath, 15.03.2022 14:59 Uhr
Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat die Wirkstoffkombination aus Hydrochlorothiazid (HCT) und Spironolacton untersucht. Laut einem Umsetzungsbescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sollen betroffene Arzneimittel künftig entsprechende Warnhinweise in den Fach- und Gebrauchsinformationen enthalten.
Zu der genannten Wirkstoffkombination aus HCT und Spironolacton wurden zwei Verfahren durchgeführt, welche neue Ergebnisse bewerten sollten. Der PRAC ist nach einer Analyse der Sicherheitsberichte der Auffassung, dass Fach- und Gebrauchsinformationen der betroffenen Arzneimittel angepasst werden müssen.
PRAC sieht kausalen Zusammenhang
Als Grundlage für die Bewertung dienen Spontanberichte, welche über einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Einnahme der Wirkstoffkombination und Auftreten eines akuten Atemnotsyndroms hinweisen. Auch Literaturdaten untermauern den kausalen Zusammenhang, welchen der PRAC als bestätigt sieht.
„Akute Atemnot“ soll daher künftig als sehr seltene Nebenwirkung in die Gebrauchsinformationen aufgenommen werden. Als Anzeichen werden die Symptome starke Kurzatmigkeit, Fieber, Schwäche und Verwirrtheit angegeben.
Außerdem soll folgender Hinweise in die Packungsbeilage aufgenommen werden:
„Bitte sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker oder dem medizinischen Fachpersonal, bevor Sie [dieses Medikament] anwenden, … wenn bei Ihnen in der Vergangenheit nach der Einnahme von Hydrochlorothiazid Atem- oder Lungenprobleme (einschließlich Entzündungen oder Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge) aufgetreten sind. Falls Sie nach der Einnahme [dieses Medikaments] schwere Kurzatmigkeit oder Atembeschwerden entwickeln, suchen Sie sofort einen Arzt auf.“
Fachinformationen sollen sensibilisieren
Die Fachinformationen sollen mit folgendem Hinweis für die akute Atemwegstoxizität sensibilisieren: „Es wurden sehr seltene schwere Fälle von akuter Atemwegstoxizität, einschließlich des akuten Atemnotsyndroms (ARDS), nach der Einnahme von Hydrochlorothiazid berichtet.“ Das dabei entstehende Lungenödem entwickle sich typischerweise innerhalb von Minuten bis Stunden nach der Einnahme.
Zu den Symptomen gehören:
- Dyspnoe
- Fieber
- Verschlechterung der Lungenfunktion
- Hypotonie
Bei Verdacht auf ARDS soll das Medikament abgesetzt und eine angemessene Behandlung eingeleitet werden. Hydrochlorothiazid darf zudem nicht bei Patient:innen angewendet werden, bei denen nach der Einnahme von Hydrochlorothiazid bereits einmal ein ARDS aufgetreten ist.
Wirkstoff-Update HCT & Spironolacton
Der Wirkstoff Hydrochlorothiazid (HCT) gehört zur Gruppe der Thiaziddiuretika. Er wird damit zur Entwässerungstherapie bei Ödemen, Herzinsuffizienz oder der arteriellen Hypertonie eingesetzt. 2018 geriet der Wirkstoff in die Schlagzeilen, da neuere Studien zeigten, dass die Einnahme über einen längeren Zeitraum das Risiko für nichtmelanozytären Hauttumore wie beispielsweise Plattenepithelkarzinome erhöhen kann. Mit einem Rote-Hand-Brief wurde vor dem Risiko gewarnt. Die Meldungen hatten damals zu massiver Verunsicherung bei Patient:innen geführt.
Spironolacton gehört zur Gruppe der Aldosteron-Antagonisten. Durch die Einnahme kommt es ebenfalls zu einer vermehrten Ausscheidung von Wasser. Während zudem vermehrt Natrium ausgeschieden wird, wird Kalium im Körper einbehalten. Es wird daher auch als „kaliumsparendes Diuretikum“ bezeichnet.